Der Automobilzulieferer Bosch hat 2007 den Grundstein für eine neue Chipproduktion gelegt, die am Mittwoch in Betrieb geht.

Wissen/Gesundheit: Werner Ludwig (lud)
Stuttgart - Halbleiter werden für die Autoindustrie immer wichtiger. Sie lassen Motoren effizienter und sauberer arbeiten, sie helfen als Bestandteile elektronischer Fahrhelfer wie ABS oder ESP Unfälle zu vermeiden oder stellen sicher, dass der Airbag nur ausgelöst wird, wenn es auch wirklich nötig ist. Bereits heute befinden sich in einem durchschnittlichen Pkw Mikrochips für rund 300 Dollar, sagte der Vorstand des Bosch-Geschäftsbereichs Automotive Electronics, Christoph Kübel, am Dienstag in Reutlingen. Und dieser Wert werde sich bis 2020 mehr als verdoppeln.

An dieser Einschätzung ändert auch der massive Einbruch im vergangenen Jahr nichts, der der gesamten Bosch-Fahrzeugelektroniksparte ein Umsatzminus von 19,5 Prozent bescherte. Momentan ziehe die Nachfrage aber wieder an, sagte Kübel. Insgesamt soll die Bosch-Sparte 2010 um 15 Prozent wachsen. "Dennoch wird es bis 2012 dauern, bis wir wieder das Niveau von 2007 erreicht haben", sagte Kübel.

Vom künftigen Wachstum im Halbleitergeschäft will Bosch sich eine dicke Scheibe abschneiden. Die Stuttgarter haben daher schon im September 2007 den Grundstein für eine neue Chipproduktion in Reutlingen gelegt, die am Mittwoch offiziell in Betrieb geht. An dem Standort werden bereits seit 1971 Halbleiter für den Automobilsektor produziert, die zum größten Teil innerhalb des Konzerns verbaut, aber auch an Konkurrenten geliefert werden.

Bosch investiert 600 Millionen Euro


Mit insgesamt 600 Millionen Euro handelt es sich bei der neuen Halbleiterfertigung laut Bosch um die größte Einzelinvestition der Unternehmensgeschichte. 2016 sollen 800 Beschäftigte in der neuen Anlage arbeiten. Das heißt aber nicht, dass in diesem Umfang neue Stellen entstehen, weil allein 450 Mitarbeiter aus der Dieseltechnikfertigung im benachbarten Rommelsbach übernommen wurden, die Ende 2009 geschlossen wurde.

Aktuell arbeiten in der neuen Chipproduktion laut Kübel rund 200 Mitarbeiter. Die Reinräume, in denen die winzigen Bauteile hergestellt werden, wirken noch relativ leer. Die Produktion soll aber sukzessive hochgefahren werden. In der letzten Ausbaustufe sollen täglich 1000 Siliziumscheiben - sogenannte Wafer - die Anlage verlassen. Da auf jedem Wafer eine große Zahl von Chips Platz findet, soll die Tagesproduktion bei bis zu einer Million Chips liegen. Im Interesse einer kostengünstigeren Fertigung setzt Bosch auf Wafer mit 200 Millimeter Durchmesser - gegenüber 150 Millimetern in der alten Produktion. Um die Anlagen vor Erschütterung zu schützen, wurde die neue Fertigung als "Gebäude im Gebäude" konzipiert. Die Maschinen stehen auf dicken Betondecken und sind vom restlichen Bauwerk entkoppelt.

Bosch hat sich neue Absatzmärkte durch MEMS-Chip erobert


Zum Eröffnungsfestakt am Mittwoch wird neben Ministerpräsident Stefan Mappus auch Bundespräsident Horst Köhler erwartet. Das Staatsoberhaupt wird dabei das Bosch-Team treffen, dem er 2008 den Deutschen Zukunftspreis überreicht hat. Ausgezeichnet wurden die drei Entwickler für ihre Arbeit auf dem Feld der sogenannten MEMS-Sensoren, die etwa Bewegungs- und Beschleunigungskräfte eines Auto erfassen. Sie registrieren aber auch, wie herum ein Handy gehalten wird und passen die Darstellung auf dem Display daran an. Mit den MEMS-Chips hat sich Bosch in den letzten Jahren neue Absatzmärkte in der Konsumelektronik erobert.

Trotzdem erwartet man bei Bosch, dass die Chips aus Reutlingen auch künftig zu 90 Prozent in Autos verbaut werden. Ein wesentlicher Wachstumstreiber sollen dabei Hybrid- und Elektroautos sein, in denen hohe elektrische Leistungen gesteuert werden müssen. Für diese sogenannte Leistungselektronik soll nach Vorstellung von Bosch bereits 2016 rund ein Drittel der produzierten Halbleiter eingesetzt werden.