Vorgebeugt wird etwa bei der Arbeitszeit. Gefertigt werden Halbleiter in Kontischicht, 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche. Viele Mitarbeiter hätten nach dem alten Modell - vier Tage Früh-, Spät- und Nachtschicht im Wechsel, dazwischen immer vier freie Tage - unter Schlafstörungen gelitten. Deshalb wurde der Rhythmus geändert. Nun kommen je zwei Tage Früh-, Spät- und Nachtschicht direkt hinter einander; danach haben die Beschäftigten sechs Tage frei. Zunächst sei die Belegschaft gegenüber über dem neuen Schichtmodell skeptisch gewesen; mittlerweile sei die geänderte Kontischicht äußerst beliebt. "Der Körper stellt sich nicht auf den Nachtrhythmus um", erläutert Falko Papenfuß, leitender Betriebsarzt in Reutlingen, den Vorteil. 1800 Beschäftigte in Reutlingen arbeiten nach diesem Rhythmus.

 

Vorgebeugt wird auch in der Kantine. "Heute weiß man, dass Schichtarbeiter häufiger übergewichtig sind", sagt der Betriebsarzt. Deshalb hat der Koch ein Mittagessen zusammengestellt, das nur noch 600 Kalorien hat. Seit eineinhalb Jahren ist es im Angebot. Zunächst hätten sich zehn Prozent der Beschäftigten dafür entschieden, mittlerweile seien es zwischen 20 und 25 Prozent. Darüber hinaus bietet Bosch Sport an, das Gehirn und die mentalen Fähigkeiten werden trainiert. Alles, um die Arbeitskraft möglichst lange zu erhalten.

Denn auch wenn die rein körperliche Belastung - auch durch den Einsatz von Robotern - im Laufe der Jahre abgenommen hat, der Druck auf den einzelnen Mitarbeiter ist gestiegen. "Früher konnte ich auch außerhalb der Pausen eine Zigarette rauchen. Die Maschine lief weiter. Und wenn sie doch stehen blieb, war das auch kein großes Problem", erinnert sich Reiner Adam, Mitglied der Schwerbehindertenvertretung bei Bosch in Reutlingen. Heute dagegen gebe es starre Pausen.

Beschäftigungsort auch für Leistungsschwächere

Man könne es sich nicht leisten, die Maschine zu verlassen. Fällt sie aus, erreiche der Mitarbeiter die vorgegebenen Stückzahlen nicht mehr. Früher gab es Mitarbeiter, die wurden auf einer Maschine angelernt - und haben diese dann bedient, jahre-, manche jahrzehntelang. "Lesen und schreiben mussten sie dafür nicht können", sagt Adam. Und heute? In immer kürzeren Abständen kommen neue Produkte auf den Markt. Die Dynamik hat zugenommen. Gleichzeitig werden die Maschinen komplexer. Die Beschäftigten müssen mehrere Maschinen bedienen, deren Menüführungen teilweise nur in Englisch verfasst sind, erläutert Werksarzt Papenfuß. Und manchmal werden die Mitarbeiter nicht nur an andere Maschine versetzt, sondern in andere Abteilungen oder gar an andere Standorte. "Es ist zwar immer noch Bosch", sagt Adam, "aber es fühlt sich wie ein Firmenwechsel an."

Auch wenn die Arbeitsplätze auf den ersten Blick aussehen wie vor 30 Jahren - die Bedingungen haben sich doch deutlich verändert. Nicht nur die täglichen Lockerungsübungen gehören dazu. Auf Knopfdruck werden die Halbleiter automatisch in die für das Auge optimale Position gerückt. Anders als in den 1980er Jahren sind auch die Tische elektrisch höhenverstellbar, die Fußstütze ist nicht fest mit dem Tisch verbunden, das Mikroskop ist auch für Brillenträger ausgelegt, und jeder Mitarbeiter hat quasi sein eigenes Dächle. Die transparente Platte über seinem Kopf soll ihn vor Zugluft durch die Klimaanlage schützen und verhindern, dass die Augen austrocknen. Alle zwei Jahre kommt der Ergonomie-Tüv und überprüft die Arbeitsplätze, erläutert Kischel.

Bosch sieht sich in der ergonomischen Gestaltung der Arbeitsplätze als Vorreiter. Ganz uneigennützig agiert das Unternehmen dabei nicht. Der weltgrößte Zulieferer muss sich im weltweiten Wettbewerb behaupten. Und wenn ein Mitarbeiter während der Sichtprüfung blinzelt, nur weil er einem Luftzug ausgesetzt ist, kostet dies eben Zeit (und damit Geld). Es geht darum, die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter zu erhalten. Das wird in Zukunft immer wichtiger - auch wegen des demografischen Wandels. 2009 waren die Boschler im Schnitt 42 Jahre alt, innerhalb der nächsten 20 Jahre wird das Durchschnittsalter auf 49 Jahre steigen. In der Produktion sind die Beschäftigten tendenziell sogar noch älter.

Vorbeugung gegen Schlafstörungen und Übergewicht

Vorgebeugt wird etwa bei der Arbeitszeit. Gefertigt werden Halbleiter in Kontischicht, 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche. Viele Mitarbeiter hätten nach dem alten Modell - vier Tage Früh-, Spät- und Nachtschicht im Wechsel, dazwischen immer vier freie Tage - unter Schlafstörungen gelitten. Deshalb wurde der Rhythmus geändert. Nun kommen je zwei Tage Früh-, Spät- und Nachtschicht direkt hinter einander; danach haben die Beschäftigten sechs Tage frei. Zunächst sei die Belegschaft gegenüber über dem neuen Schichtmodell skeptisch gewesen; mittlerweile sei die geänderte Kontischicht äußerst beliebt. "Der Körper stellt sich nicht auf den Nachtrhythmus um", erläutert Falko Papenfuß, leitender Betriebsarzt in Reutlingen, den Vorteil. 1800 Beschäftigte in Reutlingen arbeiten nach diesem Rhythmus.

Vorgebeugt wird auch in der Kantine. "Heute weiß man, dass Schichtarbeiter häufiger übergewichtig sind", sagt der Betriebsarzt. Deshalb hat der Koch ein Mittagessen zusammengestellt, das nur noch 600 Kalorien hat. Seit eineinhalb Jahren ist es im Angebot. Zunächst hätten sich zehn Prozent der Beschäftigten dafür entschieden, mittlerweile seien es zwischen 20 und 25 Prozent. Darüber hinaus bietet Bosch Sport an, das Gehirn und die mentalen Fähigkeiten werden trainiert. Alles, um die Arbeitskraft möglichst lange zu erhalten.

Denn auch wenn die rein körperliche Belastung - auch durch den Einsatz von Robotern - im Laufe der Jahre abgenommen hat, der Druck auf den einzelnen Mitarbeiter ist gestiegen. "Früher konnte ich auch außerhalb der Pausen eine Zigarette rauchen. Die Maschine lief weiter. Und wenn sie doch stehen blieb, war das auch kein großes Problem", erinnert sich Reiner Adam, Mitglied der Schwerbehindertenvertretung bei Bosch in Reutlingen. Heute dagegen gebe es starre Pausen.

Beschäftigungsort auch für Leistungsschwächere

Man könne es sich nicht leisten, die Maschine zu verlassen. Fällt sie aus, erreiche der Mitarbeiter die vorgegebenen Stückzahlen nicht mehr. Früher gab es Mitarbeiter, die wurden auf einer Maschine angelernt - und haben diese dann bedient, jahre-, manche jahrzehntelang. "Lesen und schreiben mussten sie dafür nicht können", sagt Adam. Und heute? In immer kürzeren Abständen kommen neue Produkte auf den Markt. Die Dynamik hat zugenommen. Gleichzeitig werden die Maschinen komplexer. Die Beschäftigten müssen mehrere Maschinen bedienen, deren Menüführungen teilweise nur in Englisch verfasst sind, erläutert Werksarzt Papenfuß. Und manchmal werden die Mitarbeiter nicht nur an andere Maschine versetzt, sondern in andere Abteilungen oder gar an andere Standorte. "Es ist zwar immer noch Bosch", sagt Adam, "aber es fühlt sich wie ein Firmenwechsel an."

Der Vorteil: Facharbeiter müssen mehrere Aufgaben können, Monotonie kommt da kaum auf. Der Nachteil: Leistungsschwächere kommen da kaum mit. In Reutlingen gibt es sie, die Beschäftigungsmöglichkeiten für Leistungsschwächere. Es sind Einzelarbeitsplätze, die nicht dem vorgegebenen Zeittakt unterliegen. Doch ihre Zahl ist beschränkt. Bosch hat in Reutlingen während der jüngsten Wirtschaftskrise etwa 220 Arbeitsplätze abgebaut - meist über Aufhebungsverträge. Angesprochen wurden dabei auch Schwerbehinderte.

Deshalb appelliert Harald Honsberg auch an die Eigenverantwortung. "Entscheidend für den Erfolg ist, dass die Mitarbeiter mitziehen", sagt der Leiter Personal am Standort Reutlingen.

Die Aktivitäten von Bosch in Reutlingen

Standorte Bosch ist im Raum Reutlingen mit zwei Standorten vertreten: in der Tübinger Straße in Reutlingen sowie in der nahe gelegenen Gemeinde Kusterdingen. Der Standort Rommelsbach, wo der

Geschäftsbereich Dieselsysteme mit 620 Mitarbeitern Präzisionsteile für Dieseleinspritzpumpen gefertigt hatte, wurde aufgegeben. Den betroffenen Mitarbeitern wurden alternative Stellen in Reutlingen angeboten. 6400 Mitarbeiter sind heute an den beiden Standorten tätig; 5400 davon in der Tübinger Straße. 200 junge Leute sind in der Ausbildung.

Aktivitäten In der Tübinger Straße befindet sich das Entwicklungszentrum für Mikroelektronik sowie das Halbleiterwerk. Bereits seit 1971 fertigt der Stuttgarter Konzern am Standort Halbleiter, die überwiegend im Auto eingesetzt werden. Erst 2010 wurde eine zweite Chipfabrik für 600 Millionen Euro in Betrieb genommen. In Kusterdingen werden Steuergeräte für elektromechanische Lenkungen wie die automatische Abstandsregelung gefertigt. Außerdem sitzt hier die Tochter Sensortec, die Leistungselektronikkomponenten für E-Bikes entwickelt.