Meinung: Wie soll die Straße vor Bosch aussehen? Diese Frage kommt zu spät, kommentiert LKZ-Redaktionsleiter Thomas K. Slotwinski.

Wie man es macht, ist es falsch. Dieses ernüchternde Fazit könnte man ziehen, blickt man auf den quasi aus dem Nichts entstandenen Streit, wie künftig die Poststraße in Leonberg aussehen soll. Doch ganz so einfach ist es eben nicht. Dass die Verbindungsstrecke zwischen der Handelsachse Römerstraße und Alt-Eltingen einen anderen Charakter bekommen wird, war klar. Bosch hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass es sein Projekt Entwicklungszentrum nicht als geschlossenen Neubau begreift, sondern als Konzeption eines Stadtquartiers. Mit dieser Vorstellung ist der Konzern weder an der Rathausspitze noch im Gemeinderat auf taube Ohren gestoßen.

 

Im Gegenteil: Der Oberbürgermeister betont immer wieder die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Stadt und Weltunternehmen. Auch für den Gemeinderat ist die Aussicht auf mehrere tausend zukunftsfähige Arbeitsplätze verlockend. Zumal sich Bosch innovativ wie ökologisch gibt.

Laster sind ein Gefahrenpotenzial

Umso mehr überrascht die Kritik, dass bei der Neugestaltung der Poststraße kein gesonderter Radweg vorgesehen ist. Stattdessen ist dort ein sogenannter Shared Space geplant, eine Fläche, in der Fußgänger, Radler und Autofahrer gleichberechtigt sind.

Es lässt sich darüber streiten, ob eine Gemeinschaftsstraße in Sachen Sicherheit ein Allheilmittel ist. Zumal das Bosch-Quartier an einem Industriegebiet liegt. Schwerlastverkehr wird nicht zu verhindern sein, ein Gefahrenpotenzial ist immer gegeben.

Gemeinderat nicht ignorieren

Andererseits sollen die Laster sehr früh in Richtung Industrie abgeleitet werden. Und eine Straße mit Bäumen und Grünflächen, die eher einem Platz als einer Verbindungsstrecke gleicht, hat eine schon fast natürliche verkehrsberuhigende Wirkung.

Dass es dennoch in der Kommunalpolitik gärt, hat wohl eher damit zu tun, dass das federführende Referat für innovative Mobilität die eigenen Untersuchungen über eine mögliche Radverbindung schlicht verworfen hat, ohne sie vorher mit dem Gemeinderat zu abzustimmen. Keine Frage: Wenn die Fachleute zur Erkenntnis gelangen, dass die Chancen für einen Radweg nicht gegeben sind, muss man keine Diskussion um der Diskussion willen führen. Von denen gibt es ohnehin viel zu viele. Aber der aktuelle Fall zeigt einmal mehr, dass bei relevanten Themen die Volksvertreter nicht einfach ignoriert werden können. Schließlich müssen auch sie die Entscheidungen nach außen vertreten.

Zeitdruck ohne Not

In der Sache selbst ist ohne Not Zeitdruck entstanden. Damit das Vorhaben zur Hälfte vom Land gefördert wird, müssen die Pläne im Herbst fertig sein. Es wäre mehr als peinlich, würde Bosch in einem guten Jahr sein schmuckes Entwicklungszentrum eröffnen und die Straße davor wäre ein Baustelle.