Stuttgart - Besser als erwartet! Wie schon Daimler kann auch Bosch das Jahr des Corona-Einbruchs in diesen drei Worten bilanzieren. 1,9 Milliarden Euro Gewinn kommen trotz aller Widrigkeiten zusammen. Das ist weniger als im Vorjahr, aber nach Frühjahrsmonaten mit Umsatzeinbrüchen von 40 Prozent ein Grund für die Geschäftsführung, kurz aufzuatmen. Auch Bosch profitiert wesentlich von Chinas Kaufkraft: Zum ersten Mal wurde in China mehr umgesetzt als im Heimatmarkt Deutschland. Aber in den Zahlen finden sich noch weitere Meilensteine.
Noch nie war der Free Cash Flow, die Größe für die Finanzkraft, so hoch wie 2020: fünf Milliarden Euro. Die Opfer der Mitarbeiter, die Kurzarbeit, Arbeitszeitverkürzungen und Stellenabbau erdulden mussten, schlagen sich darin nieder. Ein Kahlschlag aber wurde vermieden. Die Mitarbeiterzahl sank weltweit nur um rund ein Prozent. Eisern gespart wurde zudem an anderer Stelle: Investitionen außerhalb der wichtigsten Wachstumsfelder wurden rigoros gestrichen.
Corona bringt Wachstum bei Hausgeräten und Werkzeugen
Neben der Corona-Sonderkonjunktur im Hausgeräte- und Heimwerkerbereich fällt der Erfolg im Zukunftsmarkt Fahrzeugelektronik auf: Allein im zweiten Halbjahr wurden für 2,5 Milliarden Euro Autocomputer geordert, in denen Funktionen zusammengefasst werden, die bisher auf viele Steuergeräte verteilt waren. Das ebnet den Weg zu permanenten Verbesserungen per Update, auf dem viele Hersteller dem Beispiel Teslas folgen.
Bemerkenswert ist auch die Dynamik im Bereich der Elektroantriebe, wo Bosch als Zulieferer von Komponenten aller Art bis hin zu kompletten Motoren und Achsen schon weit vorne lag und 2020 doppelt so schnell wuchs wie der Markt. Bosch ist hier ein Vorreiter und setzt sich ehrgeizige eigene Klimaziele: Alle Standorte produzieren mittlerweile CO2-neutral. Dass sich Volkmar Denner trotzdem gezwungen sieht, erneut als Mahner für eine Klimapolitik aufzutreten, die ökologische Ziele, technische Machbarkeit und soziale wie wirtschaftliche Aspekte ausbalanciert, sollte deshalb ernst genommen werden – auch wenn er die Politik im nüchternen Stil des Ingenieurs anspricht.
Klimaschutzpolitik mit Augenmaß ist gefordert
Er beobachte eine einseitige Betonung des ökologischen Aspekts, mit der impliziten Annahme, das sei wirtschaftlich zu verkraften, sagt Denner und fordert: „Diese Hypothese sollte dringend überprüft werden.“ Klar, es geht auch um eigene Geschäftsinteressen, die immer noch eng mit der Verbrennertechnik verknüpft sind. Wenn aber eines der weltweit innovationsstärksten Unternehmen die Machbarkeitsfrage stellt, etwa im Zusammenhang mit der momentan diskutierten Euro-7-Norm, und mehr Einsatz in Sachen Wasserstoff und klimaneutralen Sprit anmahnt, sollte die Politik gut hinhören. Die grün-schwarze Landesregierung hat das getan. Bei Berlin und Brüssel kann man da nicht so sicher sein.