Ohne Bosch kein Dieselskandal – so begründen Anlegeranwälte die Klage gegen den Zulieferer. Wenn das Unternehmen Vertrauen zurückgewinnen will, muss es mehr Transparenz schaffen, kommentiert StZ-Autor Andreas Müller.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Es ist einer jener geflügelten Sätze, die dem Firmengründer zugeschrieben werden. „Lieber Geld verlieren als Vertrauen“, soll Robert Bosch gesagt haben. Die Maßgabe galt offenbar der Qualität der Produkte, aber sie wird längst auch auf die Integrität des Unternehmens bezogen. Lieber kein Geschäft machen als ein fragwürdiges, das sich kurzfristig auszahlen mag, aber langfristig den Ruf gefährdet – so wird die Losung heute verstanden.

 

Ob und inwieweit sich Bosch im Fall der Dieselabgasaffäre daran gehalten hat, ist noch nicht abschließend geklärt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nach wie vor, Gerichte im In- und Ausland beschäftigen sich mit Schadenersatzforderungen, nun auch in Stuttgart. Hätte Bosch ein blitzsauberes Gewissen, hätte sich das Unternehmen in den USA wohl kaum auf einen millionenschweren Vergleich eingelassen.

Schlüsselrolle im Abgasskandal

Vieles spricht dafür, dass Bosch es mit dem Gebot des Gründervaters zumindest nicht so genau genommen hat. Als Entwickler der Motorsoftware, mit dessen Hilfe Volkswagen die US-Behörden getäuscht hat, hat das Unternehmen eine Schlüsselrolle im Dieselskandal. Die internen Dokumente, die jetzt nach und nach durchsickern, illustrieren das Dilemma des Zulieferers: Einerseits wusste er offenbar genau, wozu die Steuerungsgeräte genutzt oder auch missbraucht werden konnten; davon zeugt vor allem der Wunsch an VW, von jeglicher Haftung freigestellt zu werden. Andererseits wollte Bosch den Großkunden wohl nicht enttäuschen oder gar verlieren. In diesem Zwiespalt hat man womöglich falsch entschieden. Nun, da der Betrug aufgeflogen ist, sieht sich auch Bosch mit vielen Fragen konfrontiert.

Die Rolle des Konzerns wäre besser zu beurteilen, wenn er sich offensiver erklären würde. Doch so intensiv Bosch offenbar mit der Staatsanwaltschaft kooperiert, so zugeknöpft gibt man sich nach außen. Das verlorene Vertrauen lässt sich aber nur zurückgewinnen, wenn wirkliche Transparenz herrscht. Solange es daran fehlt, helfen auch die Bemühungen wenig, den Blick in eine wieder hellere Zukunft des Diesels zu richten. Erst wenn die Vergangenheit umfassend aufgearbeitet ist, nimmt man dem Konzern wieder ab, dass er sich an den Leitsatz seines Gründers hält.