Der Deutschpoprocker Bosse hat in Stuttgart in der Röhre vom Glück gesungen – ganz und gar unspektakulär und deshalb so schön.    

Stuttgart - Es geht ums Glücklichwerden, und das ist bekanntlich schwer. Der deutsche Singer/Songwriter Bosse singt uns einen Abend lang Lieder davon. Er ist ein hoffnungsloser Romantiker.Und natürlich zeigt er in der Röhre eine Show, die gar keine ist. Bosse ist einfach da, mit seiner Gitarre. Tanzt zur handgemachten, ehrlichen Musik. Unspektakulär, ohne Effekte, und deshalb so schön.

 

Bosses Themen sind das Leben, der Alltag, die Welt, es sind Sehnsüchte und Hoffnungen, Gefühle und Gedanken. Oft schwerer Stoff, aber verpackt in unprätentiösem, leichtem Deutschpop. Manchmal klingt Bosse ein bisschen wie Clueso, nur rockiger, manchmal wie Madsen oder Kim Frank von Echt. Seinen melancholischen Unterton bekommt er nie ganz raus, und doch ist er immer irgendwie fröhlich.

Axel Bosse, 1980 in Braunschweig geboren, ist viel rumgekommen. Er hat in Berlin gelebt, in Spanien, in der Türkei. Jetzt wohnt er mit seiner kleinen Familie in Hamburg. Seit der Auflösung seiner ersten Band Hyperchild, die manche als Jugendsünde bezeichnen, ist er solo unterwegs, ein Glück!

Ein Titel, der in die Irre führt

Vier Alben hat er seit 2005 veröffentlicht. Sie tragen wunderbare Titel wie „Kamikazeherz“, „Guten Morgen Spinner“ „Taxi“ und, Ende Februar erschienen, „Wartesaal“. Genauso wunderbar, poetisch, auch witzig sind viele seiner Texte: „Dein Herz war mal leer, jetzt ist es voll wie Shanghai“ etwa aus „Metropole“ oder „Der Tag ist ein Katapult/ Er zerschießt die Träume“ aus dem rhythmischen „Roboterbeine“. All das singt er auch in der Röhre.

Und immer wieder geht es ums Wesentliche, um die Suche nach dem Glück: „Ich glaub daran, dass das Glück auf der Straße liegt/ Dass es ewig bleibt“ geht eine Zeile aus dem Song „Gegen Murphy“ von 2009. Ein anderer, aus dem Lied „Drei Millionen“, heißt: „In dieser Stadt leben über drei Millionen, und du bist heut Nacht unterwegs, um zu schauen, ob unter diesen drei Millionen jemand ist, der dich versteht.“ Man fühlt mit.

Bosse liefert Soundtracks zu zwei Daily Soaps

Und dann ist da noch „Yipi“ von der neuen Platte, ein Titel, der in die Irre führt. Bosses „Yipiyipiyeah“ klingt nicht wie bei den Draufhauern von Deichkind, sondern todtraurig. Es ist ein stilles Lied über Trennung, Tränen, Schmerz und Angst.

Bosse liefert den Soundtrack zu zwei Daily Soaps bei RTL, die ja seit der US-Serie „O.C., California“ eine Bühne für angesagte Musiker sind. Bei „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ trat er Mitte März sogar persönlich auf und sang im Club Mauerwerk vom Wartesaal zum Glücklichsein. Auch aus diesem Grund ist er gerade so populär, und wenn man weiß, wie ernst Musik, gerade die deutsche, in diesen Serien genommen wird, ist das eben nicht peinlich.

In der Stuttgarter Röhre ist es natürlich viel cooler als im Berliner Mauerwerk. Eng. Heiß. Laut. Bosse, der Uneitle, jammert nach drei Liedern Singen, Hüpfen, Tanzen: „Ich bin körperlich schon wieder am Ende“, „ein nasser Lappen“. Das hellgraue T-Shirt ist dunkelgrau geschwitzt, das Gesicht glüht. Eineinhalb intensive Stunden hat er noch vor sich. Glücklich ist genauso.