Ein Trio hat am Dienstag am Stuttgarter Amtsgericht eingeräumt, mehrere Tausend Briefe gestohlen zu haben. Sie waren als Aushilfsfahrer eines Subunternehmers der Post beschäftigt. Das Gericht verurteilte sie wegen der Verletzung des Briefgeheimnisses.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Zwar haben drei junge Männer am Amtsgericht eingeräumt, was ihnen die Staatsanwaltschaft in der Anklage vorwarf: Sie sollen mehrere Tausend Briefe unterschlagen und nach Geld durchsucht haben. Mit der Einsicht in das Fehlverhalten war es jedoch nicht so weit her: „Wir haben den Leuten ja nichts angetan“, sagte ein 29-Jähriger aus Freiberg am Neckar (Kreis Ludwigsburg), der am Dienstag zusammen mit zwei 27 Jahre alten Freunden auf der Anklagebank saß.

 

Das sahen die Staatsanwältin, die Richterin und ein Polizeibeamter, der als Zeuge aussagte, grundlegend anders – und sie ließen das die drei deutlich wissen. Einer der 27-Jährigen erhielt wegen Verletzung des Postgeheimnisses eine Haftstrafe von acht Monaten zur Bewährung und muss 120 Stunden gemeinnützige Arbeit verrichten, sein 29-jähriger Komplize vier Monate und 60 Stunden. Der dritte Angeklagte wurde nur der Beihilfe für schuldig befunden und muss 100 Tagessätze zu je zehn Euro, insgesamt also 1000 Euro zahlen.

Viele Sendungen wurden weggeworfen oder verbrannt

„Man muss sich das mal vorstellen: Da war eine Glückwunschkarte zum 90. Geburtstag einer Frau von ihren Kindern drin, und ein Kondolenzschreiben an eine Familie, deren Sohn gestorben war. Die Briefe kamen nie an“, beschrieb der Polizist als Zeuge, was er entdeckte. „Ich bin 39 Jahre im Dienst, aber so etwas erschüttert mich. Er habe sich ausgemalt, welche Schicksale hinter den Briefen stehen: „Da weiß man ja nie, was man anrichtet, wenn man das aus dem Verkehr zieht. Da kann es ja passieren, dass Absender und Empfänger ein Leben lang nicht mehr miteinander reden!“

Das Trio wirkte erstaunt über so viel Empörung. „Wir haben doch den Leuten nichts getan und auch viele Briefe, die wir unbeschädigt aufgemacht haben, wieder zugemacht und weitergeschickt“, rechtfertigte einer der drei. Dass sie Briefe auch verbrannten und und wegwarfen, kam bei den Ermittlungen ans Licht.

Die drei hatten einen Aushilfsjob beim Cousin des 27-jährigen Angeklagten aus Pleidelsheim (Kreis Ludwigsburg) angenommen. Der Vetter ist Subunternehmer für die Post und holt für sie Sendungen ab. Die drei sprangen im August 2014 ein, weil in der Firma jemand ausgefallen war. Der 27-jährige Pleidelsheimer hatte keinen Führerschein und heuerte seinen 29-jährigen Kumpel aus Freiberg an. Nach ein paar Tagen kam noch der Dritte im Bunde dazu. Erst zu zweit, nach ein paar Tagen auch zu dritt fuhren sie zu Briefkästen in der Stuttgarter Stadtmitte und im Süden. Bevor sie diese im Briefzentrum abgaben, fischten sie „zwischen fünf und zehn Prozent heraus“, räumten die Männer ein. Diese Umschläge machten sie auf und nahmen sich, was sie fanden, mal 50 Euro im Trauerbrief, mal 100 in der Geburtstagskarte.

Weggeworfene Beute im Mülleimer entdeckt

Eine Zeugin entdeckte weggeworfene Briefe in einem öffentlichen Mülleimer in Freiberg am Neckar. Da die Post feststellen konnte, wo diese Sendungen eingeworfen worden waren, wurde der Fall an die Stuttgarter Polizei übergeben. Der Ermittlungsdienst des Reviers Wolframstraße übernahm. Die Beamten erwischten die drei Männer beim Waiblinger Briefzentrum – mit frisch rausgefischten Briefen im Auto. Alle drei räumten die Vorwürfe ein.