Die ehemalige Bildungsministerin Annette Schavan wird Botschafterin beim Papst. Verhaltenen Unmut gibt es bei der Südwest-CDU, weil sie dafür ihr Direktmandat in Ulm aufgibt.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Berlin/Ulm - Die letzten beiden Ämter, die Annette Schavan übertragen waren, haben ihr Ärger eingebracht. Nun steht ein neues Amt in Aussicht, das sie mit diesem Ärger versöhnen könnte. Zumindest ermöglichst es ihr, ihm auszuweichen. Die CDU-Politikerin, bis Frühjahr 2013 Bundesbildungsministerin, soll im Sommer deutsche Botschafterin beim Vatikan werden. Formell ist darüber noch nicht entschieden. Kanzlerin Angela Merkel, eine enge Freundin Schavans, hat sich darüber aber mit der SPD-Spitze im Zuge der Koalitionsverhandlungen verständigt.

 

Schavan (58) hatte sich vor einem Jahr zum Rücktritt von ihrem Regierungsamt veranlasst gesehen, nachdem die Universität Düsseldorf Zweifel an der Rechtmäßigkeit ihres Doktortitels angemeldet hatte. Die Hochschule will ihr den Titel aberkennen, weil die vor 33 Jahren vorgelegte Dissertation nicht den akademischen Richtlinien entspreche. Schavan setzt sich gegen den Titelentzug auf dem Rechtsweg zur Wehr. Der Prozess beginnt am 20. März vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf.

„Botschafterin beim Heiligen Stuhl“

Ungeachtet des Rechtsstreits um die Doktorarbeit hat die Münchener Ludwig-Maximilians-Universität Schavan vergangenen Herbst in den Hochschulrat berufen. Dagegen gab es Proteste aus dem Wissenschaftsbetrieb. Die Exministerin will den Vorwurf, sie habe beim Verfassen ihrer Dissertation nicht korrekt gehandelt, nicht auf sich sitzen lassen. „Ich empfinde es als Unrecht“, betonte sie unlängst in einem Interview. Kurz vor der Jahreswende erklärte sie noch: „Ich kann wirken ohne Amt.“

Nun wird ihr ein neues offeriert. „Frau Dr. Schavan ist gefragt worden und hat der Bundesregierung zugesagt, die Aufgabe einer Botschafterin beim Heiligen Stuhl zu übernehmen“, ließ die CDU-Frau am Montag mitteilen. Zunächst muss das Kabinett entscheiden. Danach hat der Bundespräsident das Wort. Schließlich ist auch ein „Agreement“ des Gastlandes einzuholen. „Wir stehen ganz am Anfang des Prozesses“, ließ das Auswärtige Amt wissen. Merkels Sprecher Steffen Seibert machte allerdings deutlich, dass die Kanzlerin Schavan für eine Idealbesetzung hält: „Sie ist eine profilierte Katholikin, deren Stimme bei allen Diskussionen um Glaubensfragen zu vernehmen war.“

Schavan freut sich auf Gespräche mit „faszinierendem“ Papst

Der bisherige Botschafter beim Papst, Reinhard Schweppe, wird Anfang April 65. Er ist seit 2011 in Rom. Zuvor war er Botschafter in Warschau und bei den Vereinten Nationen in Genf. Schavan verfügt zwar über keine einschlägige Berufserfahrung. Während ihrer langjährigen Praxis in der Politik hat sie aber ein gehöriges Maß an diplomatischem Geschick bewiesen. Sie ist tief im Glauben und im katholischen Milieu verwurzelt. Vor ihrer politischen Karriere hatte Schavan für das Cusanuswerk gearbeitet, die Studienförderung der Deutschen Bischofskonferenz. Sie selbst freut sich auf eine „schöne Aufgabe“ und auf die „faszinierende Gestalt“ des Papstes Franziskus. Die katholische Kirche sei der „älteste globale Akteur“. Im Vatikan werde vieles zu diskutieren sein, was sich in der Welt entwickelt. Ein besonderes Anliegen Schavans ist der Dialog der Religionen.

In der CDU-Spitze heißt es, die drohende Aberkennung des Doktortitels werde Schavans Wechsel in den Rang einer Botschafterin nicht im Wege stehen. Im eigenen Landesverband ist allerdings ein leiser Unmut zu vernehmen, weil die ehemalige Ministerin in ihrem Wahlkreis Ulm ein Direktmandat für den Bundestag erobert hatte. „Da wird schon auch Enttäuschung produziert“, heißt es. Das Mandat wird der CDU nicht verloren gehen. Nach dem 2013 geänderten Wahlrecht rückt ein Kandidat von der Landesliste für Schavan nach. Der kommt allerdings nicht aus ihrem Wahlkreis. Wenn die Merkel-Vertraute nach Rom umzieht, darf der 60-jährige Landwirt Waldemar Westermayer aus Leutkirch an ihrer Statt im Bundestag Platz nehmen.