Die Bottwartaler Winzer im Kreis Ludwigsburg haben am Dienstagmorgen Trauben für Eiswein geerntet. Andere Weingüter entschieden sich dagegen. Warum es dieses Jahr besonders gute Bedingungen bei der Lese gab und weshalb der Wein so besonders ist.
Die Bottwartaler Winzer haben am Dienstagmorgen bei Temperaturen von Minus acht Grad ihren Riesling-Eiswein am Lichtenberg bei Oberstenfeld gelesen. Auf einer Fläche von 40 Ar hatten sie im Sommer und Herbst gezielt Trauben für die Eisweinproduktion vorbereitet. „Wir haben die Reben im Sommer komplett entblättert. Dadurch, dass die Trauben in der prallen Sonne hingen, wurde die Beerenhaut abgehärtet – fast wie Leder“, erklärt Immanuel Gröninger, Vorstandsvorsitzender der Bottwartaler Winzer mit Sitz in Großbottwar. Den letzten Eiswein hatte die Weingärtnergemeinschaft 2019 produziert.
Die Bedingungen für die Eisweinlese seien in diesem Jahr besonders gut gewesen. Bereits am Tag zuvor waren die Trauben aufgrund der niedrigen Temperaturen nahezu den ganzen Tag über gefroren. „Es gab zwei Nächte, an denen wir ernten konnten. Wir haben uns für die zweite entschieden, damit die Trauben wirklich komplett durchgefroren sind“, sagt Gröninger. Das habe dafür gesorgt, dass der Frost die Trauben auf natürliche Weise konzentrierte. Am Dienstagmorgen um 5 Uhr waren 20 Winzer für zweieinhalb Stunden mit der Lese beschäftigt. „Unser Team hat früh morgens hart gearbeitet, um die gefrorenen Trauben rechtzeitig zu ernten und die einzigartige Süße und Säure des Eisweins zu bewahren“, sagt Gröninger.
Trauben müssen direkt auf die kalte Presse
Um die wertvollen Trauben vor dem Herabfallen und dem Zugriff von Vögeln und Wildtieren zu schützen, wurden auf beiden Seiten der Rebreihen Netze gespannt. Diese sorgten dafür, dass die Trauben bis zur Lese unversehrt blieben.
Eiswein zeichnet sich durch seine hohe Restsüße und die intensiven Fruchtaromen aus. Er wird oft als Dessertwein genossen und vergärt bis circa zehn Volumenprozent Alkohol, dann wird die Gärung abgestoppt, um eine Süße zu erhalten. „Dann ist es wichtig, dass die Trauben direkt auf die kalte Presse kommen und so wenig wie möglich antauen“, sagt Gröninger. Laut Angaben des Deutschen Weininstituts kommen nur etwa fünf bis zehn Prozent der ursprünglichen Erntemenge durchschnittlich als Eiswein in die Flasche. Die restliche Traubenmenge werde selektiv herausgeschnitten oder falle den unberechenbaren Witterungsumständen zum Opfer.
Auch in allerbesten Jahren ist die Ausbeute demnach bescheiden, da ein Großteil des Wassers in den gefrorenen Trauben zurückbleibt. Nur etwa 10 Prozent der ursprünglichen Ausgangsmenge kann im langjährigen Mittel an Eiswein gewonnen werden. Aufgrund dieser geringen Ausbeute, der Gewinnungsart, dem Risiko und des damit verbundenen hohen Aufwandes zählen Eisweine zu den eher teuren, aber qualitativ hochwertigsten Weinen mit entsprechend hohem Preis-Leistungs-Verhältnis.
Durch Klimawandel wird Eisweinlese unwahrscheinlicher
Durch den Klimawandel werde es immer schwieriger, Eiswein zu produzieren. Früher habe man oft schon im Dezember, Anfang Januar geerntet, sagt Gröninger. „Es ist immer ein Risiko, ob die nötigen Temperaturen erreicht werden“, sagt Vorstandsvorsitzende. Trotzdem sei die Ernte kein Totalausfall, es entstehe dann nur ein anderes Produkt. Der Eiswein sei ein Liebhaberprodukt. Für die 0,33-Liter-Flasche zahlt der Kunde später zwischen 30 und 35 Euro.
Viele andere Winzer entschieden sich 2024 gegen eine Eisweinlese. „Es hat sich schon während der Lese im Herbst gezeigt, dass die Struktur der Trauben zu brüchig ist“, gibt das Weingut Sankt Annagarten auf Anfrage bekannt. Auch die Sprecherin der Felsengartenkellerei gibt bekannt: „Die klimatischen Veränderungen machen die Planung einer Eisweinlese schwierig.“