Am 14. September will der Boxer Firat Arslan in Stuttgart Marco Huck den WBO-Titel im Cruisergewicht streitig machen – als Revanche für die Pleite in Halle.

Sport: Dominik Ignée (doi)

Donzdorf - Der Weg zum Profi-Boxer Firat Arslan ist ungewöhnlich. Nach dem Ortsschild Donzdorf geht es rechts ab ins Industriegebiet. Vorbei an Möbel Schmid, Hofele Design und Sanitärpartner Lier, steht am Ende der Carl-Benz-Straße ein weißer flacher Bau. Dort wohnt Firat Arslan nicht nur, dort ist auch seine persönliche Trainingsstätte untergebracht. Ein Ring, vier Sandsäcke, ein Kraftraum und sanitäre Anlagen.

 

Am Mittwochmorgen sind noch keine Kunden bei Möbel Schmid, aber vor Arslans Mikrokosmos stehen mehr als 20 Autos. Der Südwestrundfunk ist da, die Filstalwelle, auch eine deutsche Boxsport-Reporter-Legende hat dank moderner Navigation das Industriegebiet am Fuße der Ostalb gefunden – es ist da, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen. Was Arslan bei seiner Pressekonferenz zu sagen hat, ist etwas anderes: Gute Nacht, Marco Huck! Er sagt ihm den Kampf an. Dafür bedient er sich nicht der branchenüblichen Rhetorik, wonach es mächtig was auf die Zwiebel gebe, nein, Arslan favorisiert die pathetisch klingende Botschaft: „Ich glaube an die Gerechtigkeit, und ich glaube, dass die Gerechtigkeit am 14. September siegt.“

Der Titelverteidiger, der keiner ist

Mit anderen Worten: Marco Huck wird tatsächlich was auf die Zwiebel bekommen. Zu tief sind noch die Wunden vom letzten WM-Kampf am 3. November 2012. Damals trafen die beiden in Halle/Westfalen aufeinander. Der türkischstämmige Schwabe Arslan wollte dem amtierenden WBO-Weltmeister im Cruisergewicht den Gürtel entreißen, und es lief ja auch prächtig. Er gestaltete den Kampf, feuerte von Anfang an eine Armada von Schlägen auf Huck ab, welcher sich erst in den letzten drei von zwölf Runden wieder berappelte und auf Augenhöhe zurückkämpfte. Das dann völlig umstrittene Punkturteil (115:113, 115:113, 117:111 für Huck!) warf Arslan derart zu Boden, dass er mit dieser zum Himmel schreienden Ungerechtigkeit nur umgehen konnte, indem er sich sagte: „Der Weltmeister bin ich.“

Beim Rückkampf am 14. September in der Schleyerhalle sieht sich Arslan deshalb auch als Titelverteidiger, der keiner ist. „Die Motivation, dass ich in Halle um den Sieg gebracht wurde, macht mich noch besser“, sagt der 42 Jahre alte Boxer, der erst spät und nach langem Kampf in die Profiliga aufstieg und im Alter tatsächlich immer stärker wird. Das sehen seine Jungs so, das sind sieben Mann, die alles für ihn tun. Allen voran der Trainer Dieter Wittmann, wie Arslan ein Kleiderschrank, er ist nur noch etwas müde, weil seine Nachtschicht bei Mercedes in Mettingen erst am Mittwochmorgen um sechs Uhr endete. Doch er sagt: „Im letzten Jahr habe ich kurz mal gedacht, da geht nichts mehr bei Firat – doch er setzt immer noch was obendrauf. “

Zweifel am Intellekt des Gegners

Und so glaubt die eingeschworene Truppe an Arslan und an die Gerechtigkeit. Dass Huck davon sprach, vor dem Aufeinandertreffen in Stuttgart nicht aus der Kneipe kommen zu wollen wie damals in Halle, macht Arslan zwar wütend, doch es motiviert ihn enorm: „Ich zweifle an seinem Intellekt. Erst sagt er, dass er mich respektiert – und dann dieser Spruch. Ich beantworte alle Fragen am 14. September.“

Die Provokation verlangt nach Rache, Trainer Wittmann geht jedenfalls mächtig aus der Deckung. „Marco kriegt auf die Birne und wird keine zwölf Runden überstehen“, sagt er und empfiehlt Hucks Trainer Ulli Wegner am besten zwei Handtücher bereitzulegen. „Eines kann er in den Ring werfen, das andere ist für die Tränen.“