Wladimir Klitschko hat im Ring der Mannheimer SAP-Arena wenig Mühe: In der sechsten Runde schlägt der Boxweltmeister den Gegner Francesco Pianeta k.o. Jetzt plant er den Kampf gegen Alexander Powetkin.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Mannheim - Er selbst nannte seinen boxerischen Vortrag vor 13 000 Fans in der Mannheimer SAP-Arena „eine Scheißleistung“. Und tatsächlich liest sich das Arbeitszeugnis des Francesco Pianeta erschütternd: Lediglich 126 Schläge hatte der Herausforderer in seinem ersten WM-Kampf verteilt – 16 von ihnen, das hat eine unabhängige Jury ermittelt, sollen den Kopf des Weltmeisters Wladimir Klitschko getroffen haben, ehe Francesco Pianeta in der sechsten Runde der Knockout ereilte.

 

Mehr als ein starkes Dutzend an ungefährlichen Wischern können dem Rechtsausleger vom Magdeburger SES-Boxstall aber nicht gelungen sein. Schließlich war im Gesicht des Wladimir Klitschko, der seinerseits 404-mal zuschlug und 78 Treffer landete, nicht die kleinste Schramme zu erkennen. „Wir hatten eine Marschroute, wollten vorbei an Wladimirs gefährlicher Führhand die Halbdistanz suchen“, sagte Pianetas Trainer Dirk Dzemski, „aber diese Taktik ist leider nicht aufgegangen.“

Klitschko zermürbt seinen Gegner

Und so entwickelte sich vor 8,67 Millionen Fernsehzuschauern ein kurios einseitiger Kampf, indem der überforderte Pianeta bei seinen sprunghaften Attacken mit seiner linken Schlaghand meist im Nirgendwo landete, während er zeitgleich von Klitschko zermürbt wurde. „Wladimirs Power war einfach zu viel für ihn“, resümierte der Weltmeistertrainer Jonathon Banks das ungleiche Duell, in dem „Dr. Steelhammer“, dessen Schlaghand nach Messungen an einem Dummy mit der Wucht eines 700-Kilogramm-Gewichts auf den Gegner trifft, seinen Rivalen mit seiner Rechten nach Belieben malträtierte. Wenn Wladimir Klitschko gewollt hätte, dieser Eindruck drängte sich auf, hätte er den reichlich indisponierten Pianeta schon früher k. o. schlagen können. Bereits in der vierten und fünften Runde war der in Gelsenkirchen geborene Italiener am Boden. „Mein Seele schmerzt“, sagte der 1,93 Meter große Familienvater später, als er sich von der ersten Niederlage seiner Karriere erholt hatte, die nach 2:52 Minuten der sechsten Runde vorzeitig kam. Pianeta verdrückte in seiner blauen Ecke sogar ein paar Tränen, denn obwohl er kaum vom Sieg geträumt haben dürfte, hat sich der zuvor ungeschlagene Herausforderer seinen ersten Auftritt im großen Rampenlicht bestimmt ganz anders vorgestellt.

Warme Worte für Emanuel Steward

Weil Wladimir Klitschko seinen ehemaligen Sparringspartner, der stets bescheiden auftritt, sehr mag, gab er dem neun Jahre jüngeren Kontrahenten nach der schmerzhaften Schulung im Ring aber ein paar warme Worte mit auf den Nachhauseweg: „Du hast heute viel gelernt, Francesco, das weißt du nur jetzt noch nicht“, sagte der 37-jährige Adonis. Er selbst sei auch an seinen Niederlagen gereift. „Emanuel Steward hat dir gesagt, dass du einmal Weltmeister wirst“, zitierte Klitschko seinen im Vorjahr verstorbenen Trainer: „Also wirst du es auch schaffen.“

Zunächst aber dauert die Hegemonie der Klitschko-Brüder im Schwergewicht an. Wladimir, dessen Ringauftritte in reiferem Alter immer mehr an Souveränität gewinnen, hat seit April 2004 (gegen Lamon Brewster) nicht mehr verloren; Vitali, der sich der Politik widmet und noch offen lässt, ob er zur Pflichtverteidigung seines WBC-Titels gegen den Kanadier Bermane Stiverne antritt, ist seit 2003 (Niederlage gegen Lennox Lewis) unbesiegt.

Weil weit und breit kein Rivale auf Augenhöhe in Sicht ist – die größten Chancen werden der 2,06 Meter großen, englischen Hoffnung Tyson Fury und seinem Landsmann David Price eingeräumt – werden die Klitschko-Kämpfe weiter mit viel Getrommel aufgebauscht. Nach den gelungenen Aufwärmübungen gegen Pianeta hat nun der russische Promoter Wlad Hrunow das anstehende Duell um die WBA-Krone zwischen Wladimir Klitschko und Alexander Powetkin für 23 Millionen US-Dollar ersteigert. Wenn sich der zuletzt in mäßiger Form befindliche Powetkin, der Olympiasieger von 2004, am 17. Mai gegen Andrzej Wawrzyk durchsetzt, steht für Klitschko am 31. August der nächste große Zahltag an. „Geld war nie meine oberste Motivation, sondern sportlicher Erfolg – sonst wäre ich nicht der geworden, der ich bin“, sagte Klitschko nach der Pflichtübung von Mannheim. Heute schon sitzt der boxende Weltmann im Flieger nach New York, wo die Dokumentation „Klitschko“ für einen Emmy, Amerikas bedeutendsten Fernsehpreis, nominiert ist. Mit an Bord ist Hayden Panettiere, die Klitschko in Reihe eins die Daumen drückte. Da die Klatschpresse über eine mögliche Verlobung zwischen dem 1,98-Meter-Faustkämpfer und der 1,57 Meter kleinen US-Schauspielerin spekuliert, ist garantiert, dass es wenigstens abseits des Rings spannend bleibt.