In Gedenken an seinen verstorbenen Trainer Emanuel Steward boxt Wladimir Klitschko am Samstag in Mannheim. Im WM-Kampf gegen Francesco Pianeta wird Klitschko von Jonathon Banks gecoacht.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Stuttgart - Gewöhnliche Boxer benutzen Vaseline. Der Champ aber schmiert sich Kokosnussbutter ins Gesicht, um es vor Risswunden, den gefürchteten Cuts, zu schützen. „Wenn ich Kokosnussbutter rieche, dann denke ich sofort an Manny“, sagt Wladimir Klitschko über Emanuel Steward, den man getrost als einen der letzten Autoritäten unter Amerikas Boxtrainern bezeichnen darf. Steward betreute Oscar de la Hoya und wurde ein Spezialist für die schweren Jungs: Er trainierte die Weltmeister Evander Holyfield, Lennox Lewis, Riddick Bowe, Michael Moorer – und er formte bis zuletzt Wladimir Klitschko.

 

Seit dem 25. Oktober 2012 muss der WBA-, WBO- und IBF-Boxweltmeister im Schwergewicht allerdings ohne seinen verstorbenen Manny auskommen, der in seiner Heimatstadt Detroit im legendären „Kronk-Gym“ gewaltbereite Straßenkinder zu Boxern formte, ihnen obendrein Manieren beibrachte – und der bis zuletzt in den Klitschko-Trainingslagern nach getaner Arbeit gerne an der Theke des Stanglwirts sein Feierabendpils trank.

„Keine einfache Zeit, aber der Kampf musste gemacht werden“

„Wenn ich mich hier umschaue, dann trägt alles die Handschrift von Emanuel Steward. Die Fernseher am Ring, die Gewichte in der Ecke, die Sandsäcke – und die Kokosnussbutter natürlich“, sagt Wladimir Klitschko mit Blick auf sein Trainingsquartier. Das ist in der Tennishalle des Luxushotels im Tiroler Going eingerichtet, in das es den 37-Jährigen seit einiger Zeit zur Vorbereitung auf sämtliche WM-Kämpfe zieht.

Wenn Wladimir Klitschko am Samstag (22.10 Uhr/RTL) in der Mannheimer SAP-Arena seine drei WM-Gürtel im Duell mit dem aus Gelsenkirchen stammenden Deutsch-Italiener Francesco Pianeta (29 Kämpfe, 28 Siege, ein Remis, 15 Knockouts) aufs Spiel setzt, muss er am Ring bereits zum zweiten Mal ohne Emanuel Steward auskommen. Als Klitschko Anfang November 2012 über zwölf Runden auf den später des Dopings überführten Mariusz Wach einprügelte, und der Pole dank der Muntermacher einfach nicht umfiel, da war Steward gerade dem Darmkrebs erlegen.

„Es war keine einfache Zeit, aber der Kampf musste gemacht werden“, sagt Wladimir Klitschko, der unmittelbar nach dem WM-Fight von Hamburg in die USA zur Beerdigung seines väterlichen Freundes flog, „mit dem mich mehr als ein Meister-Schüler-Verhältnis verbunden hat“. Immerhin gibt Wladimir Klitschko zu: „Es ist unheimlich schwer, mir etwas beizubringen – denn eigentlich trainiere ich mich selbst, und ich diszipliniere mich auch selbst, um letztlich mein Ego zu befriedigen.“

Vitali Klitschko kämpft gegen Bermane Stiverne

Da passt es ins Bild, dass der Mann, der in die übergroßen Fußstapfen des verstorbenen Klitschko-Trainers tritt, alles andere als ein Selbstdarsteller ist: „Er war eine Vaterfigur, er hat mir alles beigebracht, was ich über das Boxen weiß. Aber ich bin kein Emanuel Steward – und werde auch nie einer sein“, sagt Jonathon Banks, ein Steward-Zögling aus dem „Kronk-Gym“ in Detroit.

Den Ritterschlag hat Banks, 30, bereits bei seinem ersten Einsatz als Coach nach dem Mariusz-Wach-Kampf vom älteren Klitschko-Bruder erhalten: „Alles, was ich an Fehlern gesehen und an Verbesserungsmöglichkeiten ansprechen wollte, hat Jonathon schon gesagt“, sagte Vitali Klitschko, der seinen eigenen Titel demnächst gegen den Kanadier Bermane Stiverne verteidigen wird und traditionell bei allen Kämpfen seines Bruders in der Ringecke assistiert.

Kommt es zum Duell des Trainers mit seinem Boxer?

Auch Klitschkos Manager Bernd Bönte ist zufrieden mit der Arbeit von Banks, dem er als Boxtrainer ein „ausgeprägtes analytisches Denken und das Gespür für die richtige Taktik“ attestiert. Ohnehin ist Wladimir Klitschko ein Sportler, den es mit feinem Händchen zu steuern gilt. Dies ist auch ein Grund, warum es nach den schmerzhaften Klitschko-Niederlagen gegen Corrie Sanders und Lamon Brewster im Frühjahr 2004 zum Bruch mit dem ersten Profitrainer Fritz Sdunek kam, der bis heute Vitali, den mit 41 Jahren älteren der beiden Boxbrüder und WBC-Weltmeister, trainiert.

„Ich habe Fritz Sdunek sehr viel zu verdanken“, sagt Wladimir Klitschko, „aber er ist ein Coach, der Trainingspläne schreibt, die man dann zu befolgen hat. Das brauche ich nicht.“ Vielmehr benötigt Klitschko junior auch vor dem Kampf gegen den 1,93 Meter großen Francesco Pianeta vom Magdeburger SES-Boxstall, gegen den er eine freiwillige Titelverteidigung bestreitet, eine Wohlfühlatmosphäre im vertrauten Team, in dem er sich vom Physiotherapeuten bis zum Camp-Manager alle Betreuer selbst ausgesucht hat.

Dabei zeichnet sich allerdings ein Problem ab: Jonathon Banks ist nicht nur ein talentierter Trainer, der einstige Sparringspartner besitzt als Schwergewichtsboxer auch selbst einigen Zündstoff in den Fäusten. Ein zweiter Sieg über Seth Mitchell, und Banks wäre der neue WBO-Pflichtherausforderer. Kommt es also zum Duell des Trainers mit seinem Boxer? Anders als zu einem Gefecht gegen seinen Bruder Vitali sagt Wladimir Klitschko über diesen Kampf: „Ich würde nichts ausschließen.“