Marco Huck will sich mit seinem Wechsel in die Schwergewichtsklasse einen Traum erfüllen. Der erste Herausforder Alexander Powetkin macht es ihm nicht leicht.

Stuttgart - Er hat sich herausgeputzt. Marco Huck trägt ein rotes Hemd, darüber ein schwarzes Samtsakko mit einem roten Einstecktuch. Wie immer in den Tagen vor einem großen Kampf zeigt sich der 27-Jährige in feinem Zwirn, auch am Mittwoch bei der Pressekonferenz in Stuttgart. "Ein hübscher Boxer ist er", sagt selbst Vlad Hrunov, der Manager von dessen russischem Gegner Alexander Powetkin. "Aber er ist vor allem ein mutiger."

 

Denn am Samstag (22.15 Uhr/ARD) steigt Huck in der Porsche-Arena nicht nur gegen den Weltmeister des Boxverbands WBA in den Ring, sondern auch in einer Gewichtsklasse, in der er noch nie gekämpft hat: dem Schwergewicht. Bis zum Ende des vergangenen Jahres trat der Berliner im Cruisergewicht (bis 91 Kilogramm) an. In dieser Klasse siegte er zuletzt nach Belieben. 2009 wurde er Weltmeister nach Version der WBO und verteidigte seinen Gürtel danach achtmal. Von seinen insgesamt 35 Profikämpfen gewann er 34.

"Powetkin hat bisher doch nur alte und dicke Gegner geboxt."

Nun hat Huck seinen Titel freiwillig beiseitegelegt, um endlich im Schwergewicht anzutreten, der Königsklasse des Boxens. "Ich wollte das immer", betont er. "Schon als ich ein kleiner Junge war, habe ich nur Muhammad Ali oder Mike Tyson nachgeeifert. Und die waren nun mal Schwergewichtler." Huck, selten um einen provokanten Spruch verlegen ("Powetkin hat bisher doch nur alte und dicke Gegner geboxt"), will sich seinen großen Traum erfüllen und Weltmeister im Schwergewicht werden.

Dass er gleich in seinem ersten Kampf in dieser Gewichtsklasse überhaupt die Chance dafür erhält, ist zwei für ihn glücklichen Umständen geschuldet: zum einen, weil das Duell eigentlich kein lupenreiner WM-Kampf ist. Den WBA-Titel trägt nämlich offiziell Wladimir Klitschko. Da der 35-jährige Ukrainer zurzeit bei drei Verbänden die Numer eins ist, hat die WBA ihn zum Superchampion erkoren. Daher kann sie nun, eine Stufe unter Klitschko, trotzdem unter dem Siegel "WM-Kampf" andere Athleten antreten lassen.

Herausforder für die Klitschkos gesucht

Außerdem stehen Huck und Powetkin beide bei dem Sauerland-Boxstall unter Vertrag. Egal wie der Kampf ausgeht, der Promoter hat danach einen vorzeigbaren Herausforderer für die Klitschkos. Dieser kann laut Huck natürlich nur Huck heißen. Auch wenn er sagt: "Die Klitschkos sind nebensächlich, jetzt zählt nur Powetkin." Insgeheim schaut er bereits einen Schritt weiter und betont: "Ich bin mir sicher, dass ich gegen beide Klitschkos bestehen kann."

Doch er fühlt sich sogar zu noch Höherem berufen. Huck, der als Muamer Hukic im damaligen Jugoslawien geboren wurde, 1993 mit seiner zur muslimischen Minderheit gehörenden Familie nach Bielefeld flüchtete, als Boxer seinen Namen änderte und seit 2009 die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, sieht sich als legitimer Nachfolger von Max Schmeling. Die Boxlegende sei schließlich der letzte deutsche Weltmeister im Schwergewicht gewesen - vor 80 Jahren. Zudem tauge er auch als Vorbild, betont Huck, denn er rauche und trinke ja nicht.

"Marco muss noch viel lernen."

Auf einer Stufe mit Schmeling schätzt sein Trainer Ulli Wegner ihn noch lange nicht ein: "Marco muss noch viel lernen." Der 69-Jährige war zunächst auch nicht davon begeistert, dass Huck ins Schwergewicht aufsteigt, besonders wegen der massigeren Gegner. Doch sein Schützling nahm zu, er soll zurzeit 97 Kilogramm wiegen, und überzeugte auch Wegner: "Man muss ihn bändigen. Aber wenn er macht, was ich ihm sage, hat er eine Chance, überraschend zu gewinnen."

Huck ist Außenseiter gegen den technisch versierten Olympiasieger. "Powetkin stellt eine große Hürde dar", sagt er. Ihm ist das hohe Risiko bewusst. "Doch ich wollte gleich die große Herausforderung. Ich gehe lieber den schweren Weg." Auch einen Aufbaukampf lehnte er ab. An ein Scheitern denkt er nicht, er betont seine Stärken: die Kondition, das Unberechenbare. "Mal bin ich passiv, mal aggressiv, und manchmal haue ich zu wie ein Kneipenschläger."

Die Klitschkos beeindruckt er damit nicht. Vitali sagt über Huck: "Er erinnert mich sehr an David Haye - große Klappe und nichts dahinter." Am Samstag kann Huck ihn vom Gegenteil überzeugen, und sich als nächster Gegner empfehlen. 

Viele WM-Kämpfe

Verbände Vier große Weltverbände (WBA, WBC, IBF, WBO) und zahlreiche kleine, unbedeutende küren ihre Champions. Neben Richtungsstreitigkeiten hat die Zersplitterung der Weltverbände einen handfesten wirtschaftlichen Hintergrund. Viele WM-Kämpfe ergeben viele Zahltage. Die Klitschko-Brüder sind Weltmeister in allen großen Verbänden.

Verwirrung Wladimir Klitschko wird bei der WBA als Superchampion geführt, „regulärer“ Weltmeister im Schwergewicht ist Alexander Powetkin, der am Samstag in Stuttgart seinen Titel gegen Marco Huck verteidigt.