Die Hersteller kämpfen auf dem europäischen Markt mit drastisch zurückgehenden Absätzen und einer immer stärkeren Regulierung von Tabakprodukten durch die EU.

Korrespondenten: Markus Grabitz (mgr)

Brüssel - Die Lobby der Tabakindustrie soll neu aufgestellt werden. Nach Informationen unserer Zeitung sollen der Deutsche Zigarettenverband (DZV), der Verband der deutschen Rauchtabakindustrie (VdR) sowie der Bundesverband der Zigarrenindustrie (BdZ) Anfang nächsten Jahres weitgehend entmachtet werden. Es soll Personal abgebaut werden, die verbleibenden Mitarbeiter sollen in einen neu zu gründenden Dachverband überführt werden. Unter dem ehrenamtlichen Präsidenten soll ein Hauptgeschäftsführer das Tagesgeschäft in der Lobbyarbeit erledigen. Wie aus einem Positionspapier des DZV hervorgeht, das unserer Zeitung vorliegt, geht es den Mitgliedsunternehmen vor allem darum, Kosten zu sparen. Als Ziele der Neuorganisation werden dort „Beitragssenkung“ sowie „Abbau von Doppelstrukturen“ genannt. Jeder Verband soll Personal abbauen: Das Konzept sieht vor, dass die Kosten dafür aus den „Rücklagen und dem Vermögen des Einzelverbands“ bestritten werden sollen.

 

Marktführer geht schon seit Jahren eigene Wege

Der DZV und die anderen Verbände sollen nur auf dem Papier weiter bestehen, ihre Geschäftsführer wären dem neuen Verbandschef weisungsgebunden, würden nicht mehr über ein eigenes Budget verfügen und hätten faktisch nichts mehr zu sagen. Vermutlich soll Berlin der Sitz des Dachverbandes werden. Ob DZV-Chef Jan Mücke sowie VdR-Chef Michael von Foerster ihre Jobs behalten oder einer von beiden zum Chef des Dachverbandes aufsteigen kann, ist nicht klar. Offenbar sind die Mitgliedsunternehmen des DZV die Antreiber bei der Neuaufstellung. Sie sollen die neue Verbandsstruktur entwickelt haben. In beiden Verbänden sind drei große Hersteller tonangebend: British American Tobacco (BAT), Reemtsma (Imperial) sowie Japan Tobacco International (JTI). Mit der Verbandsreform wollen sie die Lobbyarbeit schlanker aufstellen. Marktführer Philip Morris (Marlboro) ist schon vor Jahren aus allen Verbänden ausgetreten und erledigt seine Lobbyarbeit allein.

Verband bei der EU aufgelöst

Seitdem tut sich die Branche, die ohnehin mit einem starken Rückgang des Absatzes kämpft, schwer mit der Vertretung gegenüber Politik und Medien. Auch die Hersteller, die Mitglieder beim DZV und VdR waren, haben zunehmend und parallel zu den Branchenverbänden eigene Lobbyarbeit gemacht. Auffällig ist, dass die gleichen Unternehmen, die nun in Deutschland eine Neustrukturierung anstreben, kürzlich allen Mitarbeitern in Brüssel gekündigt und ihren europäischen Verband aufgelöst haben. Dabei erfolgt längst ein Großteil der Regulierung in der Tabakbranche auf EU-Ebene. So steht etwa in nächster Zeit in Brüssel die Entscheidung darüber an, wie das mit der Tabakproduktrichtlinie (TPD) beschlossene Rückverfolgungssystem zur Eindämmung des Zigarettenschmuggels („track and trace“) organisiert werden soll.

Auf nationaler deutscher Ebene geht es in nächster Zeit vor allem um die Frage, wie die Tabaksteuer weiter entwickelt wird. Der Tabaklobby war es zur Zeit der schwarz-roten Koalition (2005 bis 2009) gelungen, der Regierung das von der Lobby selbst entwickelte Tabaksteuermodell schmackhaft zu machen, das bis 2015 für den Konsumenten wenig spürbare Erhöhungen im Jahresrhythmus vorsah. Dadurch wurden größere Steuereinbrüche, wie sie bei den drastischen Tabaksteuererhöhungen in den Jahren zuvor, zu beobachten waren, vermieden.