Die Hauselektrik rückt in den Blickpunkt der Ermittler. Die verstorbene Mutter soll sich wegen der schlechten Wohnverhältnisse an Ämter gewandt haben. Die Stadt weiß von nichts, das Jugendamt hatte früher Kontakt zur Familie.
Backnang - Zwei Tage nach dem verheerenden Brand in einem Wohn- und Geschäftshaus in der Innenstadt von Backnang (Rems-Murr-Kreis) ist die Ursache noch nicht geklärt. Wie berichtet, waren in der Nacht auf Sonntag eine türkischstämmige 40-jährige Frau und sieben ihrer Kinder ums Leben gekommen. Die Leichen wurden laut Auskunft der Polizei am Sonntagabend von Angehörigen identifiziert. Die Kinder sollen sechs Monate, drei, sechs, sieben, acht, 14 und 17 Jahre alt gewesen sein. Polizei und Feuerwehr gehen bisher davon aus, dass die Familie im Schlaf von den Flammen überrascht worden ist. Die Leichen sollten am Montag obduziert werden. Ergebnisse seien nicht vor dem heutigen Tag zu erwarten, sagte der Waiblinger Polizeisprecher Klaus Hinderer.
Auch wenn die Kriminaltechniker noch dabei sind, den Brandhergang zu rekonstruieren, schließt die Polizei einen fremdenfeindlichen Hintergrund oder Brandstiftung weitgehend aus. Es gebe keinerlei Erkenntnisse über ein Einwirken von außen. Ein technischer Defekt im Gebäude sei nach wie vor die wahrscheinlichste Ursache, sagte der Leiter der Polizeidirektion Waiblingen, Ralf Michelfelder, am Montag. Nachdem zunächst die einzige Heizquelle der Wohnung, ein Holzofen, in Betracht gezogen wurde, konzentrieren die Experten ihre Spurensuche jetzt auf die Hauselektrik.
Man ermittle allerdings weiterhin in alle Richtungen, betonte Michelfelder. Der Chef der Rems-Murr-Polizei hatte dem türkischen Botschafter Hüseyin Avni Karslioglu noch am Sonntag angeboten, Experten aus dessen Heimatland an den Untersuchungen zu beteiligen. Dies aber ist wohl zumindest vorerst nicht geplant.
Eine Sonderermittlungsgruppe wird nicht eingerichtet
Der Botschafter sprach den deutschen Behörden in einer Pressekonferenz, an der am Montagnachmittag auch der Landespolizeipräsident Wolf Hammann und der türkische Generalkonsul Mustafa Türker Ari teilnahmen, sein volles Vertrauen aus. Einige der bei der Pressekonferenz zahlreich vertretenen türkischen Journalisten hatten mehrfach die Frage aufgeworfen, ob man auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit bauen könne.
Die Polizei hat zur Aufklärung der Brandkatastrophe keine Sonderermittlungsgruppe eingerichtet. Die Backnanger Kriminalaußenstelle werde von Technikern aus Waiblingen und dem Landeskriminalamt unterstützt, sagte Klaus Hinderer auf Anfrage. Auf Aussagen von Augenzeugen können sich diese kaum stützen. Lediglich der Wirt der Gaststätte Merlin, der den Brand gegen 4.30 Uhr entdeckt und die Feuerwehr verständigt hatte, könne zu Rate gezogen werden. Der Wirt hatte auch versucht, in das brennende Gebäude vorzudringen. Doch nachdem er die Haustüre aufgebrochen hatte, schlugen ihm bereits die Flammen entgegen. Er sei aber zusammen mit der Feuerwehr an der Rettung der Mutter der getöteten Frau, ihres Bruders und eines elfjährigen Sohnes beteiligt gewesen, die sich alle auf eine Dachterrasse geflüchtet hatten. Aussagen der geretteten Personen liegen nach Aussagen der Polizei bislang noch nicht vor. Körperlich seien sie weitgehend wohlauf, bedürften aber psychologischer Betreuung.
Der Vermieter befinde sich derzeit im Ausland
Die 62-jährige Großmutter wie auch andere Familienangehörige der Getöteten hatten auf der Pressekonferenz erklärt, die 40-jährige Mutter habe sich wegen der schlechten Wohnverhältnisse mehrmals an deutsche Ämter gewandt – unter anderem seien die elektrischen Leitungen in der Wohnung völlig marode gewesen. Vonseiten der Polizei hieß es im Hinblick auf den Vermieter, dieser befinde sich derzeit im Ausland, so dass man momentan nicht auf ihn zurückgreifen könne. Ob gegen ihn ermittelt werden müsse, könne man erst nach Abschluss der kriminaltechnischen Untersuchung sagen, betonte Klaus Hinderer.
Der Pressesprecher der Stadt Backnang, Hannes Östreich, erklärte, ihm lägen keine Informationen über den Zustand im Inneren des Gebäudes vor. Das Haus befindet sich in einem Quartier, das direkt an die Innenstadt angrenzt. Die Stadtverwaltung habe keine Rückmeldung erhalten, „dass da etwas nicht in Ordnung wäre“, erklärte Öst-reich. Es sei auch nicht die Aufgabe einer Kommune, den Zustand einer privaten Wohnung zu überprüfen. Und darum habe es sich bei den Räumen gehandelt: „Das ist keine Sozialwohnung, sie gehört einem Privatmann.“ Allerdings gelte auch in diesem Fall: „Wenn wir von eklatanten Mängeln erfahren, geben wir das weiter.“
Das Waiblinger Landratsamt bestätigte frühere Kontakte mit der Familie. Die alleinerziehende Mutter habe regelmäßige Unterstützung vom Jugendamt erhalten, etwa in Form von ambulanter Familienhilfe, Tagesbetreuung sowie Erziehungsbeistand. Nach Einschätzung der Behörde in Waiblingen sei die Mutter im Alltag insgesamt gut zurecht gekommen.