Nach dem offenbar fremdenfeindlichen Brandanschlag auf eine Asylbewerberunterkunft in Tröglitz werden der frühere Bürgermeister und der CDU-Landrat von Rechtsextremen massiv bedroht. Grund ist ihr Einsatz für die in dem Ort erwarteten Flüchtlinge.
Tröglitz - Gegen zwei Uhr in der Nacht von Karfreitag zu Samstag drangen die Flammen durch das Dach des Mehrfamilienhauses. Die Brandbeschleuniger, die die Polizei später fand, leisteten ganze Arbeit: Vom ausgebauten Dachgeschoss des frisch sanierten Gebäudes blieb wenig übrig. Die beiden deutschen Eheleute, die bisher als einzige Mieter in dem Wohnblock lebten, hatten Glück. Eine Nachbarin hatte sie rechtzeitig geweckt.
Dennoch löste das Feuer, das laut Polizei gezielt gelegt wurde, bundesweit Entsetzen aus. Wieder ging es um Tröglitz, jene 2700-Seelen-Gemeinde im Süden Sachsen-Anhalts, die zu Jahresbeginn wochenlang Einwohnerprotest gegen eine geplante Asylbewerberunterkunft erlebte. Als dies nichts bewirkte, organisierte ein NPD-Funktionär eine Demonstration vor jenem Grundstück, in dem Ortsbürgermeister Markus Nierth mit Frau und sieben Kindern lebt – Nierth galt als Initiator für das Flüchtlingsheim in der Industriegemeinde bei Zeitz. Weil die Verwaltung des Burgenlandkreises den Aufmarsch „nach Abwägung aller rechtlichen Aspekte“ nicht verbot, trat der Ortsvorsteher Anfang März zurück.
Landrat räumt Fehler bei der Planung ein
Nun brannte jenes Haus in Tröglitz, in dessen zwölf Wohnungen 40 Flüchtlinge einziehen sollten. Dabei bildete jener dreigeschossige Bau mit seinen großen Wohnparzellen bereits einen Kompromiss: Er eignete sich deutlich eher für Familien mit Kindern als der zuvor von Nierth favorisierte Block, der sich mit einen engen Zimmerzuschnitten allenfalls für Alleinstehende angeboten hätte. Da war auch noch von 60 Asylbewerbern die Rede gewesen. „60 junge Männer, womöglich kriegsverroht und frauenlos . . .“ – davor hatte es manch einem im Ort gegraut. Auch eine Bürgerversammlung vor Tagen, auf der der für die Unterbringung von Asylbewerbern zuständige Landrat Götz Ulrich (CDU) vor 500 Tröglitzern die geänderten Pläne erläuterte und „Fehler bei der Planung“ einräumte, hinterließ zwiespältige Gefühle. Während einige Rechte pöbelten, schwieg die Mehrheit eher distanziert.
Dennoch glaubte Ex-Bürgermeister Nierth zunächst, sein Rücktritt habe einen „Ruck durch Tröglitz“ gehen lassen. Der Ort sei „keinesfalls braun“, versicherte er. Seine Ehefrau plante gar ein Begegnungscafé für Deutsche und Flüchtlinge. Jenes Gutmenschentum, wie andere im Ort höhnen, gipfelte gar in einer „Tröglitzer Erklärung“. Die Unterzeichner um Nierth und den evangelischen Pfarrer Matthias Keilholz erklären darin „Menschenfreundlichkeit“ zum „obersten Gebot“. So trafen sich sofort am Samstagnachmittag 300 Einwohner auf dem Tröglitzer Friedensplatz, um mit einer Lichterkette „ein Zeichen gegen Fremdenfeindlichkeit“ zu setzen.