Die Brandkatastrophe von Backnang jährt sich zum ersten Mal: Acht Menschen sind am 10. März 2013 in Backnang in den Flammen gestorben. Äußerlich zeugen nur noch wenige Spuren von dem Drama.

Backnang - Eine Frau auf der Straße gibt Auskunft. „Da drüben, das Haus mit dem Gerüst, das ist es.“ Wer nicht weiß, wo sich in Backnang vor einem Jahr die Brandkatastrophe ereignet hat, muss suchen. Das Gebäude unweit der Murr, in dem am 10. März vergangenen Jahres in den frühen Morgenstunden eine 40-jährige Frau und sieben ihrer Kinder ums Leben gekommen sind, ist fast nicht wiederzuerkennen. Wo vor einem Jahr nur noch eine Ruine ohne Dach stand, findet man jetzt ein nahezu wiederaufgebautes Haus.

 

Ein Stuckateurbetrieb ist dabei, Dämmplatten auf die Fassade zu montieren. Ein Gerüst ist aufgebaut, Netze sollen verhindern, dass Putz auf die schmale Straße fällt. Weiter hinten ist der große Firmenparkplatz zu sehen, auf dem während der Tage nach dem Brand die Einsatzfahrzeuge der Polizei und der Feuerwehr standen. „Das war der schlimmste Einsatz meines Berufslebens“, hat der Einsatzleiter der Feuerwehr später gesagt. Harald Pflüger, der Stadtbrandmeister im benachbarten Winnenden, ein Feuerwehrmann mit großer Erfahrung, hatte den Kreisbrandmeister vertreten, als an jenem Sonntagmorgen der Feueralarm kam. Freiwillige Feuerwehren aus dem gesamten Umkreis Backnangs rückten an, für die Männer wurde es nicht nur eine körperliche, sondern auch eine psychische Strapaze. Denn bald war sicher, dass nur drei Personen den Flammen lebend entkommen waren: ein elfjähriger Junge, dessen Großmutter und der Bruder der 40-jährigen Frau. Für die Mutter und sieben ihrer insgesamt zehn Kinder kam selbst die rasche Hilfe zu spät. Sie starben in den Flammen und dem Rauch.

Da die Familie türkischer Herkunft ist, kamen Spekulationen auf, es könnte sich um einen Brandanschlag von Rechtsradikalen handeln. Zumal in Backnang Ende der 90er und zu Beginn der 2000er Jahre ein überregionaler Treffpunkt der rechten Szene bestand. Auch der Eigentümer des Hauses sah sich Vorwürfen ausgesetzt, der Bau sei nicht sicher gewesen. Den Mann erreichten anonyme Drohungen, die erst endeten, als die Brandursache feststand.

Schweizer Ermittler helfen mit

Drei Wochen lang hatten dazu Kriminalbeamte aus dem Rems-Murr-Kreis und des Landeskriminalamts zusammen mit Spezialisten aus Zürich die Spuren in der Ruine akribisch ausgewertet und keinerlei Spuren von brennbaren Flüssigkeiten wie Benzin oder Heizöl entdeckt. Die Schweizer Ermittler wurden eingeschaltet, um „doppelte Sicherheit zu bekommen“, wie der Leitende Staatsanwalt Siegfried Mahler sagte, als das Ermittlungsergebnis schließlich Anfang April bekanntgegeben wurde: ein Anschlag oder eine technische Brandursache wurden ausgeschlossen. Alles sprach für den unvorsichtigen Umgang mit einem glimmenden Gegenstand – wahrscheinlich eine Zigarette oder eine Kerze –, der zunächst einen Schwelbrand an einem Schlafsofa ausgelöst hatte, aus dem ein offenes Feuer wurde. Angesichts des Schicksalsschlags, der die Familie getroffen hatte, ermittelte die Staatsanwaltschaft Stuttgart nicht weiter wegen fahrlässiger Tötung.

Überlebende Kinder wohnen nun bei Verwandten

Die zwei überlebenden minderjährigen Kinder der 40-jährigen Frau habe das Kreisjugendamt nicht aus dem Blick verloren, sagt Harald Knitter, der Pressesprecher des Landratsamtes in Waiblingen. Ein Sohn konnte aus dem brennenden Haus flüchten, ein weiterer hatte dort gar nicht übernachtet. Das Jugendamt habe zusammen mit den Hinterbliebenen eine Möglichkeit gefunden, beide Kinder innerhalb ihrer Familie unterzubringen. „Das Jugendamt hat das begleitet und ist überzeugt, dass das eine gute und dauerhafte Lösung ist“, so Knitter. Die Buben, die nach wie vor in der Region Stuttgart leben, stehen laut Knitter nicht unter ständiger Betreuung des Jugendamtes, bei Bedarf bekämen sie aber natürlich Hilfe.