Der Feuerwehrchef Frank Knödler empfiehlt Warnsysteme auch dort, wo sie nicht vorgeschrieben sind. Das ist für ihn eine der Lehren aus der Brandkatastrophe an der Geißstraße am 16. März 1994.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Der Stuttgarter Branddirektor Frank Knödler hat 25 Jahre nach der Brandkatastrophe von der Geißstraße einen Rat, den er Hauseigentümern und Vermietern ans Herz legt: „Es wäre eine gute und weise Entscheidung, in Wohnhäusern einen Rauchmelder im Treppenhaus zu installieren“, sagt der Chef der Stuttgarter Feuerwehr. Denn das Treppenhaus ist bei Wohnungsbränden immer der erste Fluchtweg. Dieser war beim Brand im Gebäude Geißstraße 7 in der Nacht zum 16. März 1994 abgeschnitten, denn genau dort brannte es zuerst. Ein Brandstifter hatte dort Feuer gelegt. Der Brand schwelte zunächst nur, zündete aber durch, als jemand eine Wohnungstür öffnete – das ganze Treppenhaus war inzwischen mit Brandgasen gefüllt. Ein Rauchmelder hätte die Bewohner frühzeitig gewarnt, sobald die ersten Gase entstanden.

 

„Wir brauchen diese Vorwarnzeit“, sagt Knödler, beim Brand an der Geißstraße damals Einsatzleiter der Feuerwehr. Die Zeit, in der die ersten Anzeichen des Brandrauchs von den Geräten aufgespürt werden, ist die wertvolle Zeit für die Feuerwehr: Noch kann sie eingreifen, bevor das Feuer um sich greift, und Menschen sicher aus dem Gebäude bringen. Deswegen habe sich Knödler auch jahrelang für eine Rauchmelderpflicht in Wohnräumen eingesetzt. Diese kam im Jahr 2013. Aber sie gilt nur für Aufenthaltsräume, in denen Menschen schlafen, und Flure in den Wohnungen, die als Fluchtweg nach draußen dienen. Die Treppenhäuser sind von dieser Pflicht ausgenommen.

Nicht nur Holztreppenhäuser bergen Gefahren

Dabei spielt es aus Sicht des Branddirektors keine Rolle, ob das Treppenhaus wie im Fall der Geißstraße 7 aus Holz sei oder aus einem anderen Material. „So schnell brennt so eine Holztreppe nicht, das ist nicht das größte Problem.“ Gerade im Altstadtkern rund um den Hans-im-Glück-Brunnen, wo auch die Geißstraße liegt, haben noch viele alte Häuser Treppen aus Holz. Die Gefahr gelte ebenso in Treppenhäusern aus Stein, wenn darin brennbare Materialien liegen – Altpapierstapel, Schuhe vor der Wohnungstür, Kinderwagen können brennen und giftige Gase erzeugen. „Davor warnt der Rauchmelder rechtzeitig. Wer einmal einen gehört hat, weiß, dass man den in tiefster Nacht nicht verschlafen kann“, sagt Knödler.

Der erste Rettungsweg war beim Brand 1994 abgeschnitten. Der zweite ist in solchen Fällen der über die Drehleiter, die an Fenster oder Balkone angelegt wird. Noch ein Problem, das durch die Katastrophe im Jahr 1994 in den Blick gerückt ist: Die Feuerwehr hatte damals wertvolle Minuten verloren, weil Zufahrten zur Geißstraße zugeparkt waren. „Wir haben die weggeschoben“, berichtet Knödler. Von Hand mit Muskelkraft. In den Monaten danach wurde nicht nur diskutiert, sondern auch gehandelt. Bereits im Sommer 1994 legte die Verkehrsüberwachung Zahlen vor, die ein Umdenken erkennen ließen. Die Mitarbeiter achteten bei ihren Kontrollgängen verstärkt auf Falschparker, die die als Rettungsweg für die Feuerwehr ausgewiesene Wege zuparkten. Die Verkehrsüberwachung wurde danach ausgebaut. Der Beschluss, in Brandschutzzonen stehende Autos umgehend abzuschleppen, fiel im Verwaltungsausschuss des Stuttgarter Gemeinderats nur wenige Tage nach der Brandkatastrophe, bei der sieben Menschen ums Leben kamen. Schon eine Woche später stimmten die Stadträte diesem Vorgehen zu. Wenige Tage später starteten bereits die ersten Kontrollaktionen.

Nach wie vor achten Polizei und Vollzugsdienst bei gemeinsamen Kontrollen in der Innenstadt in erster Linie auf Falschparker, die Behindertenparkplätze oder Brandschutzzonen missachten, und lassen diese konsequent entfernen.

Eine Statistik darüber, wie viele Autofahrer jährlich in Brandschutzzonen parken, führt die städtische Verkehrsüberwachung nicht. „Das wird nicht getrennt nach den Verstößen ausgewertet“, erläutert ein Sprecher der Stadt Stuttgart. Jedoch sind die Zahlen beachtlich, die bei den regelmäßigen Kontrollen vermeldet werden. Beispielsweise ließen die Ordnungshüter im April 2018 bei einer Schwerpunktkontrolle in einer Nacht mehr als 50 Fahrzeuge abschleppen. Die abschreckende Wirkung scheint jedoch nicht von langer Dauer zu sein bei solchen Maßnahmen. Nur gut drei Wochen später wurden in einer Nacht 38 Fahrzeuge abgeschleppt.