Neben den drohenden Zusatzkosten bei Stuttgart 21 auf den Fildern und im Talkessel, ist im jüngsten Lenkungskreis Anfang der Woche vor allem ein Thema diskutiert worden: der Brandschutz im Stuttgarter Tiefbahnhof.

Stuttgart - Neben den drohenden Zusatzkosten bei Stuttgart 21 auf den Fildern und im Talkessel, die den Kostendeckel von 4,5 Milliarden Euro sprengen würden, ist im jüngsten Lenkungskreis Anfang der Woche vor allem ein Thema diskutiert worden: der Brandschutz im Stuttgarter Tiefbahnhof und den Anschlusstunneln. Die Bahn verweist darauf, dass das durchgefallene Konzept nur ein Arbeitsstand und noch in der Entwicklung und Abstimmung sei, so der Technikvorstand Volker Kefer. Der Projektpartner Land wiederum spricht von „gravierenden Sicherheitsmängeln und Unzulänglichkeiten“ im Konzept, so Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne), „durch die im schlimmsten Fall Menschenleben bedroht sind“.

 

Untragbar ist für die Landesregierung dabei vor allem auch der Umstand, dass sie vor knapp zwei Wochen erst aus der Zeitung von der Einschätzung des Schweizer Gutachterunternehmens Gruner erfahren hatte. Dieses war von der Bahn als Bauherrin mit einer Stellungnahme zum Brandschutzkonzept beauftragt worden und hatte die vorgeschlagenen Maßnahmen zur Evakuierung und Entrauchung als „nicht funktions- und genehmigungsfähig“ bezeichnet. Er sei mit der Informationspolitik der Bahn nicht zufrieden, so der Ministerpräsident Winfried Kretschmann.

Bahn weist die Kritik zurück

Die Verantwortlichen bei der Bahn halten die Diskussionen über den Brandschutz derweil für verfrüht, wie Kefer nach dem Lenkungskreistreffen am Flughafen erklärt hatte. Es handle sich bei dem Konzept um ein laufendes Verfahren, über das sich die Bahn bei einer renommierten Gutachterfirma eine zusätzliche Meinung aus einem anderen Blickwinkel eingeholt habe. Bei einer Pressekonferenz am Dienstag zum Thema Brandschutz wies die Bahn die Kritik erneut zurück. Die Stellungnahme der Firma Gruner basiere teilweise auf ganz anderen Vorgaben, etwa der Versammlungsstättenverordnung, die im Bahnhofsbereich nicht gelten und über die gesetzlichen Regelungen in Deutschland hinausgehen würden, erklärte der oberste Brandschutzexperte der Bahn, Marc Willich.

Das ursprüngliche Brandschutzkonzept für den Tiefbahnhof, das seit Januar 2005 planfestgestellt ist, hatte wegen Änderungen der Vorschriften durch das Eisenbahnbundesamt (Eba) im Jahr 2010 überarbeitet werden müssen. Die aktualisierte Version, in der alle gesetzlichen Vorgaben umgesetzt worden sind, wurde laut Bahn im Sommer 2012 den hauseigenen Spezialisten zur Prüfung vorgelegt. Gleichzeitig habe man die externen Berater der Firma Gruner um eine Stellungnahme gebeten. Geändert hatte sich in den Vorgaben des Eba unter anderem die maximale Menge an Reisenden, die gleichzeitig im Brandfall evakuiert werden müssen. Die Zahl wurde von 10 000 auf 16 000 erhöht.

Zusätzliche Treppenhäuser zur Evakuierung

Für die rechtzeitige Evakuierung der Bahnsteige unter geänderten Voraussetzungen haben die Experten der Bahn seit 2010 zwei Alternativen erarbeitet. Bei der einen Variante sollen die Menschen über acht zusätzliche Fluchttreppenhäuser im Tiefbahnhof in Sicherheit gebracht werden. Zuvor hatten nur die drei Querstege als Fluchtweg gedient.

Variante zwei ist nach Stand der Dinge eher theoretischer Natur. Dabei sollen die Fluchtwege nach Vorbild einer Sprinkleranlage mit Wassersprühnebeltechnik frei von Rauch und Feuer gehalten werden. Laut Brandschutzexperte Marc Willich wäre die Durchgangsstation in Stuttgart der erste Bahnhof in Deutschland, in dem eine solche Technik zum Einsatz kommen würde. Ob sie tatsächlich funktioniert, ist allerdings noch unklar. Die ersten Versuche sollen laut Willich erst demnächst durchgeführt werden.

Anfang nächsten Jahres will die Bahn das dann abgestimmte und erneut überarbeitete Konzept dem Eba zur Prüfung und Freigabe vorlegen, was auch nach Einschätzung des für sämtliche 671 Bahnhöfe im Land zuständigen Regionalbereichsleiter Südwest, Sven Hantel, ein „ambitionierter Zeitplan“ ist. Planerisch verfolgt im Konzept werden daher die zusätzlichen Treppenhäuser, die laut Volker Kefer weitere 15 Millionen Euro kosten würden. Die Sprühnebeltechnik würde lediglich sieben bis acht Millionen Euro an Mehrkosten verursachen. Überarbeitet werden soll das Konzept nun in einem Arbeitskreis mit Experten des Innenministeriums, des Regierungspräsidiums, der Feuerwehr, der Landesbergdirektion sowie des Rettungsdienstes Stuttgart. Nach wie vor offen sind unter anderem 13 Punkte der Feuerwehr, die die geplanten Trockenleitungen sowie die fehlende Entlüftung der Tunnelröhren kritisiert.