Auch die überarbeitete Version des Brandschutzkonzepts für Stuttgart 21 stellt die Stuttgarter Branddirektion nicht zufrieden. Unter anderem bei der Entrauchung und Evakuierung der Bahnhofshalle im Brandfall muss die Bahn nachbessern.

Stuttgart - Die Stuttgarter Feuerwehr ist nach Recherchen der Stuttgarter Zeitung auch mit dem überarbeiteten Brandschutzkonzept für den geplanten Stuttgarter Tiefbahnhof nicht zufrieden und hat erneut gravierende Bedenken formuliert. Insbesondere bei den Themen Brandmeldeanlagen, Entrauchung und Evakuierung der Bahnhofshalle im Brandfall sieht die Branddirektion Nachbesserungsbedarf. Das Löschen eines Brandes in der Bahnhofshalle sei nur schwer möglich, und die Rettungsmöglichkeiten seien eingeschränkt, heißt es aus Kreisen der Brandschützer.

 

Wie berichtet, hatten die Schweizer Brandschutzexperten der Gruner AG im vorigen Jahr nach einer Überprüfung des vom Düsseldorfer Experten Wolfgang Klingsch für den Bahnhofsarchitekten Christoph Ingenhoven erstellten vorläufigen Brandschutzkonzepts den Evakuierungsplänen gravierende Mängel attestiert und sie als „derzeit nicht genehmigungsfähig“ klassifiziert. Die Prüfung war von der Bahn selbst beauftragt worden.Unter anderem hatte die Gruner-Expertise dem Klingsch-Konzept viel zu lange Evakuierungszeiten sowie nicht ausreichend dimensionierte Fluchtwege bescheinigt.

Gravierende Mängel im ursprünglichen Konzept

Auch der technische Brandschutz, vor allem zur Branderkennung, genüge den Anforderungen nicht, hieß es damals. Fazit der Experten: die Gefährdung von Menschenleben im Evakuierungsfall sei nicht auszuschließen. Die Bahn hatte daraufhin das Büro Klingsch mit der Überarbeitung des Konzepts beauftragt und dieses im März der Branddirektion sowie dem Regierungspräsidium Stuttgart (RP) zur Stellungnahme vorgelegt.

Nach StZ-Informationen haben sowohl das RP als auch die Stuttgarter Feuerwehr weiterhin Bedenken: So werde etwa die Länge der Fluchtwege nach wie vor als problematisch eingeschätzt. Auch die im Bahn-Gutachten noch als unkritisch angenommene Anzahl von bis zu acht Personen pro Quadratmeter bei der Simulation einer Evakuierung des Tiefbahnhofs sehen die Brandschützer als zu hoch an. Schon bei einer geringeren Personendichte könnte es Stauungen an Aufzügen, Treppen und Ausgängen geben, so die Einschätzung der Stuttgarter Feuerwehr.

Zu wenig Zeit zur Evakuierung

Trotz des von der Bahn in Aussicht gestellten Einbaus von acht zusätzlichen Rettungstreppenhäusern fehle im aktualisierten Konzept der vorgesehene Zeitpuffer für die Evakuierung der Bahnhofshalle. Dieser sei im ursprünglichen Gutachten, das Maßgabe für den Planfeststellungsbeschluss 2005 war, noch gegeben gewesen. Der Grund dafür ist, dass moderne Züge aus anderen Materialen hergestellt werden und daher von einer doppelt so hohen Brandlast wie bisher auszugehen ist. Für die Brandschützer ist auch das überarbeitete Rettungskonzept zu sehr auf Kante genäht: Die letzte Person verlässt den Bahnhof demnach erst kurz bevor die Halle verraucht ist.Auch bei der Entrauchung des Gebäudes haben die städtischen Brandschutzexperten immer noch Defizite ausgemacht. So könne nicht in allen Rettungsszenarien die für die Rettung der Menschen im Bahnhof sowie das Löschen eines Brandes notwendige rauchfreie Schicht gewährleistet werden. Ein effektiver Einsatz der Rettungskräfte sowie wirksame Löschmaßnahmen seien dadurch eingeschränkt. Beim Brandmeldesystem wiederum sei bisher der Nachweis nicht erbracht, dass die Detektoren beim Ausbruch eines Feuers so rechtzeitig Alarm schlagen, dass keine Züge mehr in die Zuführungstunnels und den Tiefbahnhof einfahren.

Bahn will die offenen Kritikpunkte prüfen

Insgesamt kommen Feuerwehr und Regierungspräsidium zu dem Schluss, dass auch das überarbeitete Brandschutzkonzept nicht belastbar sei. Die Bahn hat nach Angaben aus Feuerwehrkreisen zugesagt, die offenen Kritikpunkte der Brandschutzexperten zu prüfen und gegebenenfalls zu beheben. Dazu müssten allerdings weitere zusätzliche Gutachten eingeholt werden.

Ursprünglich hatte der Konzern geplant, das Brandschutzkonzept für den unterirdischen Bahnhof bereits bis zur Jahresmitte genehmigungsreif zu machen und dem Gemeinderat vorzustellen. Mittlerweile ist die Rede vom Frühjahr nächsten Jahres – frühestens. Bereits im Sommer 2014 will die Bahn aber nach bisherigen Angaben mit den Rohbauarbeiten für den Bahnhofstrog beginnen.