Bei dem Feuer in einem ehemaligen Gasthof in Remseck handelt es sich laut Polizei um Brandstiftung. Ob der Anschlag einem angrenzenden Flüchtlingsheim galt, ist aber noch unklar.

Remseck - Der Schriftzug über dem Eingang ist rußgeschwärzt, die Fenster sind aufgeplatzt durch die Hitze, es stinkt nach verbranntem Plastik: Den Anwohnern der ehemaligen Gaststätte Lamm im Remsecker Ortsteil Neckargröningen (Kreis Ludwigsburg) bietet sich am Dienstagmorgen ein Bild der Zerstörung. Der Gastraum im Erdgeschoss ist vollständig ausgebrannt, auch in den oberen Stockwerken richteten die Flammen erheblichen Schaden an. Während die Brandermittler der Polizei in weißen Schutzanzügen durch die zerstörten Räume eilen und Fotos schießen, haben sich einige Remsecker vor dem rot-weißen Absperrband versammelt. „Hoffentlich finden sie die, die das gemacht haben“, sagt eine ältere Dame. Die Verkäuferin einer Bäckerei auf der gegenüberliegenden Straßenseite sagt, sie habe durch den Brand vor allem eines: Angst.

 

Das angrenzende Flüchtlingsheim wurde nicht beschädigt

Etwa gegen 2.45 Uhr am frühen Dienstagmorgen hatte ein Anwohner die Feuerwehr alarmiert. Zu diesem Zeitpunkt schlugen die Flammen bereits meterhoch aus dem Erdgeschoss des Gebäudes an der Ludwigsburger Straße. Den knapp 100 Einsatzkräften gelang es dennoch relativ schnell, den Brand unter Kontrolle zu bekommen – wodurch auch ein Übergreifen des Feuers auf die benachbarte Flüchtlingsunterkunft verhindert werden konnte. Im Anbau direkt hinter dem „Lamm“ leben seit einigen Monaten 50 Flüchtlinge, die meisten von ihnen sind aus Syrien. Während der Löscharbeiten wurden sie in Sicherheit gebracht. Noch am Dienstag kehrten sie aber in die Unterkunft zurück.

Schon wenige Stunden nach dem Ausbruch des Feuers teilte die Polizei mit, dass der Brand vermutlich absichtlich gelegt wurde. Es seien mehrere Brandherde in dem Gebäude entdeckt worden. Außerdem hätten die Ermittler Spuren von Brandbeschleunigern gefunden, sagte ein Sprecher. Eine 16-köpfige Sonderkommission sei eingerichtet. Zu den möglichen Motiven und Hintergründen will sich die Polizei nicht äußern. Diese seien noch völlig offen. Laut Andreas Schanz, Sprecher des baden-württembergischen Innenministeriums, stehe eine fremdenfeindliche Tat aber „im Raum“. Konkrete Anhaltspunkte für diese Vermutung nannte Schanz nicht. Der Staatsschutz habe die Leitung der Ermittlungen übernommen.

Betroffenheit nach dem Brand

In dem Gebäude, in dem die 50 Flüchtlinge untergebracht sind, befand sich bis vor wenigen Jahren ein Hotel. Aktuell ist es von einem privaten Eigentümer an den Landkreis für die Unterbringung von Asylbewerbern vermietet. Nach Angaben der Polizei hatte der Besitzer dem Kreis auch das nun abgebrannte Gasthaus zur Unterbringung angeboten, das Landratsamt habe das Angebot aber noch nicht geprüft.

Einige der Bewohner stehen an diesem grauen Dienstagmorgen vor dem Haus. Renato und Slevjan sind aus Albanien nach Deutschland gekommen, seit Mai leben sie in Neckargröningen. Sie seien durch die Sirenen der Feuerwehr geweckt worden, sagt Renato. Dann erst hätten sie das Feuer im Vorderhaus gesehen. Angst, dass der Anschlag womöglich ihnen galt, hätten sie nicht, sagen die beiden Männer. Sie seien freundlich aufgenommen worden, Probleme gebe es bislang keine. Zum Schutz der Bewohner wird das Haus nun von der Polizei bewacht.

Auch der Oberbürgermeister Dirk Schönberger ist noch Stunden nach dem Brand sichtlich betroffen. Er sei völlig überrascht und entsetzt von der Tat, sagt er. Bereits gegen 3.30 Uhr wurde er zum Brandort gerufen, wenige Stunden später ist der Rathauschef vor allem damit beschäftigt, Presseanfragen zu beantworten. Auf die drängendste Frage hat aber auch er keine Antwort. Schönberger will sich an den Spekulationen über einen möglichen Zusammenhang zwischen dem Brandanschlag und der Unterkunft nicht beteiligen. Für ihn steht aber fest: „Wir sind nicht Dunkeldeutschland.“ Um ein Zeichen zu setzen lud die Stadt gemeinsam mit dem AK Asyl am Dienstagabend zu einer Mahnwache vor dem abgebrannten Gasthaus ein.