Amtsvorgänger Bolsonaro hat die Gesellschaft tief gespalten und das Land isoliert. Präsident Lula will die Menschen nun versöhnen und Brasilien wieder auf das internationale Parkett führen.

Der Links-Politiker Luiz Inácio Lula da Silva ist zum neuen Präsidenten von Brasilien vereidigt worden. Im Kongress legte der 77-Jährige am Sonntag seinen Amtseid ab. Seine Regierung werde für ein würdiges Leben aller Brasilianer kämpfen - ohne Hunger, ohne Armut, dafür mit Arbeit, Bildung und Gesundheit, sagte Lula in seiner Rede im Kongress. „Die Vision meines Lebens ist erfüllt, wenn jede Brasilianerin und jeder Brasilianer drei Mahlzeiten pro Tag hat.“

 

Der neue Präsident hatte sich Ende Oktober in einer Stichwahl gegen seinen rechten Vorgänger Jair Bolsonaro durchgesetzt. Der Ex-Militär erkannte seine Niederlage nie ausdrücklich an. Seine Anhänger blockierten nach der Wahl wochenlang Landstraßen und riefen das Militär zum Putsch auf. „Die Demokratie war die große Gewinnerin dieser Wahl“, sagte Lula nun in seiner Rede vor dem Kongress.

Lula regierte bis 2010 in Brasilien

Über ein Dutzend Staatschefs nahmen an der Amtseinführung teil, darunter auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Nach den Feierlichkeiten war ein großes Musikfestival mit mehr als 40 Künstlern geplant.

Das größte Land Lateinamerikas hatte Lula bereits von 2003 bis 2010 regiert. Seine Regierung profitierte damals vom Rohstoffboom und konnte über große Sozialprogramme Millionen Menschen aus der Armut holen. Allerdings blühte auch die Korruption. Lula wurde selbst wegen Korruption und Geldwäsche zu einer langen Haftstrafe verurteilt, das Urteil wurde später allerdings wieder aufgehoben.

Nun ist er der erste demokratisch gewählte Präsident in Brasilien, der eine dritte Amtszeit antritt. Entgegen den Gepflogenheiten nahm sein Vorgänger nicht an der Vereidigung teil. Mit seiner Familie war Bolsonaro bereits am Freitag in die USA gereist.

Streit um den Schutz des Regenwalds

Lula steht nun vor großen Herausforderungen. Nachdem Bolsonaro die Gesellschaft tief gespalten und das Land isoliert hat, will der neue Präsident Brasilien versöhnen und wieder auf das internationale Parkett führen. Lula kündigte eine entschlossene Umweltschutz- und Klimapolitik und Maßnahmen gegen den wieder zunehmenden Hunger an. Allerdings bekommt er es mit einem Kongress zu tun, in dem Anhänger Bolsonaros die größte Fraktion stellen.

Auch Deutschland hofft nach dem Regierungswechsel auf einen Neustart der Beziehungen. „Es ist gut zu wissen, dass Brasilien zurück ist auf der internationalen Bühne“, sagte Bundespräsident Steinmeier. „Wir brauchen eine brasilianische politische Führung, die ihre Rolle spielen wird - nicht nur in der wirtschaftlichen Kooperation, sondern auch beim Schutz des Weltklimas.“ Er habe mit Freude festgestellt, dass Lula gewillt sei, mit Brasilien genau diese Rolle zu erfüllen.

Das Amazonasgebiet mit seiner riesigen Artenvielfalt ist im Kampf gegen den Klimawandel bedeutend. Der Regenwald bindet immense Mengen des Klimagases CO2 und spielt für das Weltklima eine große Rolle. In Bolsonaros Amtszeit hatten Abholzung und Brände deutlich zugenommen. Lula will den Regenwald nun besser schützen.

Bekommt die EU ihr Freihandelsabkommen?

Steinmeier teilte mit, dass Deutschland kurzfristig 35 Millionen Euro für den Amazonas-Fonds zum Schutz des Regenwaldes bereitstellen werde. Dabei handelt es sich um Geld, das in der Zeit des rechten Präsidenten Bolsonaro eingefroren war. „Es kommt uns allen darauf an, dass wir die grüne Lunge der Erde, die Regenwälder des Amazonas erhalten“, sagte Steinmeier.

Als ein großer Produzent von Lebensmitteln und grüner Energie dürfte Brasilien künftig auch beim Welthandel eine immer wichtigere Rolle zukommen. Ein fertig ausgehandeltes Freihandelsabkommen zwischen der EU und dem südamerikanischen Staatenbund Mercosur (Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay) liegt derzeit auf Eis – unter anderem, weil Kritiker in Europa befürchten, der Vertrag könnte mehr Anreize zur Ausweitung der Landwirtschaft und damit zur Abholzung des Regenwalds setzen.

„Ich habe nach dem Gespräch auch den Eindruck, dass Zuversicht gerechtfertigt ist, was die Entwicklung der Handelsbeziehungen zwischen Südamerika und Europa angeht“, sagte Steinmeier am Sonntag. Lula habe sehr deutlich gemacht, dass er in die Verhandlungen über das Mercosur-Handelsabkommen wieder einsteigen werde.