Brauchtumspflege bei Gwitter Gaudi der Grafenauer Narren Wo Fasnet getanzt und gelebt wird

Tanz der Teufel und Hexen im Graf-Ulrich-Bau – hier mit Gästen aus Ostelsheim. Foto: Patrizia Blum

Hier ist Fasnet mehr als Konfetti und Party: Die „Gwitter Gaudi“ der 1. Narrenzunft Grafenau läutet traditionell die fünfte Jahreszeit im Kreis Böblingen ein.

Wer bei Fasnet an Konfetti, Kurzetrinken und Karnevalsmusik denkt, der war noch nie bei der „Gwitter Gaui“ der 1. Narrenzunft Grafenau. Hier wird die schwäbisch-alemannische Fasnet gefeiert, getanzt und gelebt. „Brauchtumsabend“ nennen die Grafenauer Kreuzblitzhexen diese Veranstaltung, die für viele Fasnetvereine in und um den Kreis Böblingen den ersten Höhepunkt der Saison bedeutet.

 

Rund 600 Hästräger haben am Freitagabend im Graf-Ulrich-Bau in Döffingen den Auftakt der alemannischen Fasnet gefeiert. Über den Abend verteilt mischte sich das Publikum dabei immer wieder durch, weil beispielsweise die Gruppenauftritte mit Kindern- und Jugendlichen frühzeitig über die Bühne gingen. Rund zwei Dutzend Gastgruppen waren der Einladung nach Grafenau gefolgt, darunter Narrenzünfte aus der direkten Nachbarschaft wie etwa die Aidlinger Aidbachhexen, die Scafhusa Hoga aus Schafhausen oder die Narrenfreunde Heckenbeerlesgäu aus Ostelsheim. Aber auch die Tanzgarden und Guggen von Grün-Weiß Böblingen, die Böblinger Bären und Schaurigen Bluadschlotzer, die Ketterles Hexen und Dämonen der FNZ Ehningen, die Hasenbühl Hexen aus Schönaich, die Schwarzen Husaren aus Vaihingen oder die Wimsheimer Waldgschdalda aus dem Enzkreis waren da.

Auch „Normalsterbliche“ feiern mit

Neben Hexen, Teufeln, Guggen und Tanzgardemädchen waren auch einige „Normalsterbliche“ unter den Gästen, wie Patrizia Blum es ausdrückt. Die 50 Karten im freien Verkauf seien immer sehr schnell weg. Kein Wunder: Das Spektakel auf der Bühne wollten viele Fasnetfans sich nicht entgehen lassen. Hier feierten die Narrenzünfte eine Art närrisches Familientreffen, bei dem sich Gruppen aus dem ganzen Landkreis und darüber hinaus mit ihren Tänzen und Musikdarbietungen präsentierten.

Hexenpyramiden, Spagat und Hebefiguren bei den Tanzgarden, treibende Guggenmusikrhythmen und wilde Tänze mit dem Hexenbesen – die Auftritte der verschiedenen Gruppen hatten es in sich. Was bei Fasnetumzügen als flüchtiger Eindruck am Publikum vorbeizieht, machte hier ein mehrstündiges Abendprogramm aus.

Bringen Stimmung in die Bude: die Guggen von Grün-Weiß Böblingen Foto: Patrizia Blum

Der Begriff „Brauchtumsabend“ mag dabei auf den ersten Blick ein wenig vermessen klingen. Schließlich sind viele Narrenzünfte noch recht jung. Die Grafenauer Kreuzblitzhexen gibt es beispielsweise erst seit 15 Jahren, die Gruppe der Schloss-Teufel ist noch später hinzugekommenen.

„Es geht um den Brauch der schwäbisch-alemannischen Fasnet“, sagt Patrizia Blum, die als Teenager selbst schon bei der Weil der Städter Garde mitgetanzt hatte. Die Fasnet beginnt am 6. Januar und blickt auf eine jahrhundertealte Tradition zurück. Patrizia Blum verweist auf die christlichen Ursprünge und den Gedanken, vor der entbehrungsreichen Fastenzeit noch einmal wild und ausgelassen zu feiern. „Ich selbst lebe das auch“, sagt die Hästrägerin, für die der fröhlich-freundliche Schabernack im Häs genauso dazugehört, wie danach das siebenwöchige Fasten von Aschermittwoch bis Ostern.

Weitere Themen