„Ich möchte die Biervielfalt von Stuttgart erweitern“: Seit zwei Jahren führt Daniel Bleicher im Heusteigviertel eine Ein-Mann-Brauerei. Bierbrauer ist er aber nicht nur aus Leidenschaft fürs Bier geworden.

Psychologie/Partnerschaft: Nina Ayerle (nay)

S-Süd - Auch nach zwei Jahren wirkt der Betrieb von Daniel Bleicher improvisiert. Fast alles hat er in seiner Ein-Mann-Brauerei selbst gemacht oder mit Unterstützung von Familie, Freunden und Bekannten erledigt – angefangen bei den Fliesen bis hin zu Kesseln und Tanks. Für eine Brauerei sieht es bei Daniel Bleicher unspektakulär aus. Von der Straße aus ist die Cast-Brauerei nicht zu sehen. Sie liegt in einem Hinterhof; lediglich ein Schild und ein Pfeil am Eingang weisen darauf hin. Drinnen gibt es in einen großen Raum, zwei silberne Kessel sowie zahlreiche Schläuche; auf den Fliesen sammeln sich Pfützen. Auf der einen Seite des Raumes stehen Bierkästen mit braunen Flaschen.

 

Zweimal in der Woche braut Daniel Bleicher sein Bier. „Ich möchte die Biervielfalt von Stuttgart erweitern“, sagt Bleicher. Er braut Weißbiersorten, zum Beispiel sein Stuttgarter Rogg, ein dunkles Roggenweizenbier; auch ein Bier mit dem Namen California Ale hat er im Programm. Dieses wird nach einem kalifornischen Rezept gebraut. Dafür verwendet Bleicher drei verschiedene Hefesorten aus den USA.

Bleicher braut obergärige Biere. Wegen der Verwendung entsprechender Spezialhefe und Hopfen wird es fruchtig. Das California Ale sei zumindest in Stuttgart einzigartig. „Ich versuche, alles zu machen, was außergewöhnlich ist.“ Das sei die einzige Möglichkeit, um sich von den beiden großen Brauereien abzuheben – kein einfaches Geschäft für den Braumeister.

Die Biervielfalt Stuttgarts soll erweitert werden

Viele Rückschläge hat Bleicher in den ersten beiden Jahren hinnehmen müssen. „Irgendetwas ist immer passiert“, sagt er und zuckt mit den Schultern. Zeitweise habe er sogar ans Aufgeben gedacht. Nach den Startschwierigkeiten – auch aufgrund technischer Schäden in seiner Brauerei – begann er vor einigen Wochen mit einem Sud von 240 Litern pro Woche. „Ich muss zunächst kleinere Brötchen backen“, sagt Bleicher. Im nächsten Jahr will er die Menge erhöhen. Zum Vergleich: Der Ausstoß bei Stuttgarter Hofbräu liegt bei etwa 100 Millionen Litern Bier im Jahr. Dinkelacker-Schwabenbräu produziert jährlich 80 Millionen Liter.

Bierbrauer ist Bleicher nicht nur aus Leidenschaft fürs Bier geworden. Nach der Bundeswehrzeit war er zunächst arbeitslos und machte deshalb ein Praktikum in einer Brauerei. „Brauer oder Winzer stand für mich zur Auswahl“, erzählt er. Gelernt hat er dann Brauer und Mälzer in der Palmbräu Brauerei Eppingen und in der Brauerei zum Rossknecht in Bietigkeim-Bissingen. Nach Stationen in München und Ludwigsburg sowie der Weiterbildung zum Brau- und Malzmeister in Graefelfingen kam er zurück nach Stuttgart. Nach mehreren Festanstellungen in diversen Brauereien wollte Bleicher sein eigener Chef sein. „Ich hatte keine Lust mehr, jemanden über mir zu haben.“ 2010 gründete er die Cast-Brauerei. Die Idee zu einer kleinen Spezialitäten-Brauerei entstand beim Besuch eines Brauerfreundes in Kalifornien. Daraus leitet sich auch der Name CAST ab: Die Buchstaben CA stehen für California, das ST für Stuttgart.

Mit seiner Selbstständigkeit ist Bleicher zufrieden, auch wenn es nicht immer ganz optimal läuft. Zudem kann er auch nicht von sich behaupten, dass der alte Spruch „selbst“ und „ständig“ auf ihn zutrifft. „Zu tun gibt es schon immer was, aber ich braue nur zwei Tage die Woche.“ In der restlichen Zeit gebe es halt viel zu putzen. „Wenn ich als Brauer arbeitslos werden sollte, wäre ich eine gute Putzfrau.“

Bekannt ist seine Brauerei hauptsächlich durch Mund-zu-Mund-Propaganda. Werbung macht er kaum; inzwischen hat seine Brauerei aber eine eigene Seite im Internet. Seine Kunden rekrutiert er über alte Brauereikontakte sowie über Bekannte. Auch der ein oder andere Herr aus der Nachbarschaft holt bei Bleicher gern sein Bier.