Holger G. lebte zuletzt mit seiner Freundin in Lauenau. Festzustehen scheint, dass er der Zwickauer Gruppe half, eine falsche - nämlich seine - Identität anzunehmen. Er soll den Gesinnungsgenossen 2007 seinen Führerschein gegeben haben und vor vier Monaten seinen Reisepass. Außerdem wird ihm vorgeworfen, für die Gruppe Wohnmobile angemietet zu haben.

 

In diesen Fahrzeugen war das Trio dann unterwegs, etwa zu den Raubüberfällen. In einem dieser Fahrzeuge waren die Mörder auch 2007 unterwegs, als sie die Polizistin in Heilbronn erschossen. Holger G. fiel dem Verfassungsschutz schon 1999 bei einer Aktion gegen die Wehrmachtsausstellung auf. 2003 zählte er zu den Personen, die zum Grab des früheren Hitler-Stellvertreters Rudolf Hess fahren wollten.

In Zwickau soll die NPD zahlreiche Personen aus dem Umfeld des Freien Netzes auf ihren Listen für die Kommunalwahlen kandidieren lassen haben. Beim sächsischen wie auch beim thüringischen Verfassungsschutz wurde das Freie Netz hingegen bisher als "Internetplattform" geführt.

Sachsen nicht an Demokratiepreis beteiligt

In Stuttgart wusste man von der Existenz der NSU bis vor wenigen Tagen gar nichts, versichert Beate Bube, Präsidentin des Landesamtes für Verfassungsschutz Baden-Württemberg. "Wir hatten keine Erkenntnisse über Aktivitäten des nationalsozialistischen Untergrunds", so die Präsidentin gestern. Sie fügte hinzu: "Es gibt nach derzeitigem Erkenntnisstand auch keine Anhaltspunkte, dass die Zwickauer Zelle Bezüge in die rechtsextremistische Szene von Baden-Württemberg hat."

Nach den Recherchen von Antifagruppen in Sachsen und Thüringen soll die rechtsextreme Organisation Thüringer Heimatschutz, die bis zu seiner Enttarnung 2001 von dem Verfassungsschutzzuträger und NPD-Funktionär Tino Brandt geführt wurde, auch noch nicht völlig untergegangen sein. Wer die entsprechende Internetseite anklickt, landet beim Aktionsbüro Thüringen beziehungsweise beim Freien Netz Thüringen. "Dessen Teil wiederum ist das Freie Netz Jena", so Köditz.

Nach den Recherchen der Linkspolitikerin ist der "informelle Führer und einer der wichtigsten Kader der Gesamtstruktur Freies Netz genau jener Ralf W., der damals einer der wichtigsten Funktionäre des Heimatschutzes und faktisch der ,Vorgesetzte' des späteren Nationalsozialistischen Untergrundes war". W. gehörte nach "Spiegel"-Informationen bis Anfang 1998 mit Mundlos, Böhnhardt, Zschäpe und dem bei Hannover verhafteten 37-jährigen Holger G. zum harten Sechserkern der militanten Jenaer Neonaziszene. Die Bundesanwaltschaft ermittelt gegen ihn.

Auf dem rechten Auge blind

Holger G. lebte zuletzt mit seiner Freundin in Lauenau. Festzustehen scheint, dass er der Zwickauer Gruppe half, eine falsche - nämlich seine - Identität anzunehmen. Er soll den Gesinnungsgenossen 2007 seinen Führerschein gegeben haben und vor vier Monaten seinen Reisepass. Außerdem wird ihm vorgeworfen, für die Gruppe Wohnmobile angemietet zu haben.

In diesen Fahrzeugen war das Trio dann unterwegs, etwa zu den Raubüberfällen. In einem dieser Fahrzeuge waren die Mörder auch 2007 unterwegs, als sie die Polizistin in Heilbronn erschossen. Holger G. fiel dem Verfassungsschutz schon 1999 bei einer Aktion gegen die Wehrmachtsausstellung auf. 2003 zählte er zu den Personen, die zum Grab des früheren Hitler-Stellvertreters Rudolf Hess fahren wollten.

In Zwickau soll die NPD zahlreiche Personen aus dem Umfeld des Freien Netzes auf ihren Listen für die Kommunalwahlen kandidieren lassen haben. Beim sächsischen wie auch beim thüringischen Verfassungsschutz wurde das Freie Netz hingegen bisher als "Internetplattform" geführt.

Sachsen nicht an Demokratiepreis beteiligt

In Stuttgart wusste man von der Existenz der NSU bis vor wenigen Tagen gar nichts, versichert Beate Bube, Präsidentin des Landesamtes für Verfassungsschutz Baden-Württemberg. "Wir hatten keine Erkenntnisse über Aktivitäten des nationalsozialistischen Untergrunds", so die Präsidentin gestern. Sie fügte hinzu: "Es gibt nach derzeitigem Erkenntnisstand auch keine Anhaltspunkte, dass die Zwickauer Zelle Bezüge in die rechtsextremistische Szene von Baden-Württemberg hat."

Ahnungslosigkeit also hier im Land, doch bis hinein in die politische Mitte verstärkt sich gerade in Sachsen nun auch der Verdacht, dass die CDU-geführte Landesregierung seit Jahren notorisch blind auf dem rechten Auge gewesen ist. Das zeigte auch der vergangene Woche zum fünften Mal verliehene Sächsische Demokratiepreis.

Die Preisvergabe fand erstmals ohne Beteiligung des Landes statt. Denn die Dresdner Staatskanzlei hatte sich davon zurückgezogen, weil sich die nominierten Vertreter von 67 Integrationsprojekten, Demokratieinitiativen und multikulturellen Gruppen weigerten, eine sogenannte Extremismusklausel zu unterschreiben.

Verfassungsschützer in Mord verwickelt

Auch der Leipziger Rechtsextremismusexperte Oliver Decker macht bei Politik, staatlichen Stellen und Medien ein Wahrnehmungsproblem aus. Lange Zeit hätten diese die Döner-Morde "als Form von mafiösen Strukturen unter Ausländern" behandelt. Eben deshalb habe man die Taten "erst so spät als rechtsextrem dechiffrieren" können. Bei alledem handelt es sich für den Politikwissenschaftler nicht allein um ein ostdeutsches, sondern "wegen der Vernetzung der Freien Kameradschaften um ein gesamtdeutsches Problem".

Im Zwickauer Brandschutt fand sich übrigens neue Nahrung für die vermutete Verquickung des Inlandsgeheimdienstes in die Fluchtspur des Trios. Die Polizei entdeckte"legale illegale Papiere", wie sie meist nur verdeckte Ermittler erhalten, die vom Verfassungsschutz geführt werden. Möglicherweise stärker als bisher bekannt ist ein hessischer Verfassungsschützer in den Mord an einem türkischen Ladenbesitzer in Kassel verwickelt, den die Zwickauer Gruppe begangen haben soll. Entgegen bisheriger Annahmen habe sich der Beamte zum Zeitpunkt des Mordes im April 2006 am Tatort aufgehalten, berichtete die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" unter Berufung auf Sicherheitskreise.

Die Debatte erfasst auch das Land

Kritik Umstrukturieren oder zusammenlegen, forderte gestern die Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) in Bezug auf die 16 Landesämter für Verfassungsschutz. Im baden-württembergischen Innenministerium kommt die Forderung nicht gut an. "Möglicherweise stimmen Strukturen in Thüringen nicht, aber das kann man auf uns nicht einfach übertragen", so ein Sprecher.

Konsequenzen Der grüne Landtagsabgeordnete Uli Sckerl sieht nun auch das Landesverfassungsschutzamt in der Pflicht. "Es muss einen Grund gegeben haben, warum diese Naziterroristen nach Heilbronn gefahren sind. Die Frage geht auch nach Baden-Württemberg." Der SPD-Abgeordnete Nikolaos Sakellariou fordert, die Verfassungsschützer müssten besser ausgestattet werden, damit Fehler vermieden werden.

Kontrolle Der Verfassungsschutz in Baden-Württemberg wird durch das Innenministerium, aber auch durch Parlamentarier kontrolliert. Zweimal jährlich lässt sich das G-10-Gremium, das aus fünf vom Landtag bestimmten Vertretern besteht, vom Verfassungsschutzamt über geplante Maßnahmen berichten. Eine G-10-Kommission mit drei Parlamentariern besitzt sogar ein Vetorecht gegenüber dem Amt