Kultur: Tim Schleider (schl)

Pamina wird entführt, aus edelsten Motiven, versteht sich. Aber glaube niemand, dass es ihr darum gut ginge im Priesterreich. Sie wird gejagt und gequält von Monostatos – und dies ist der zweite Streich des Mister Pountney, denn Monostatos ist nicht einfach Sarastros Sklave, sondern sein zweites Ich, das in Bregenz bei der Beerdigung plötzlich unter seinen Beinen hervorkullert. Monostatos ist das Dunkle und Unbeherrschte, das es in diesem Vernunftreich wohlgesetzter Basstöne eigentlich gar nicht geben darf und das deswegen abgespalten und verleugnet werden muss.

 

In der Bregenzer „Zauberflöte“ lebt die Nachtwelt der Königin ebenso von der Lüge wie der Feuerkult des Priesters. Und während der Prinz Tamino auf seinem Selbstfindungstrip die schrägen Prüfungen der Sarastro-Sekte willig befolgt, kommt Rettung allein von den Frauen. Ganz zum Schluss wird Pamina ihren Geliebten nicht nur durchs, sondern vor allem übers Wasser ans rettende Seeufer führen, mitten ins Publikum. Ach ja, und Papageno bekommt natürlich seine Papagena.

Die Wiener Symphoniker lassen Zukunftsmusik erklingen

Am schönsten, am herrlichsten ist an diesem ganz erstaunlichen Abend die Musik bei den Arien der Jungen. Das ist sozusagen Zukunftsmusik. Dafür lässt der Dirigent Patrick Summers die Wiener Symphoniker ganz weich und zart, fast frühromantisch klingen. Dann besingt Norman Reinhardt als Tamino das bezaubernd schöne Bildnis, als wenn er es selbst gerade für sich malen würde. Dann singen Gisela Stille als Pamina und Daniel Schmutzhard als Papageno ebenso schwebend wie wahrhaftig von der alles rettenden Liebe – aber auch vom Tod, der hinter der Verzweiflung lauert.

Alfred Reiter als Sarastro und Ana Durlovski als Königin der Nacht kommen in ihren Partien deutlich formelhafter daher – aber so ist nun mal dieses Regiekonzept, und tiefster Bass und höchster Sopran liefern ordnungsgemäß Glanzstücke. Aber es ist ein Glanz, der frösteln lässt. Wer möchte schon auf Dauer leben in einer Welt, in der eine Versammlung der Immerrechthaber die ewige Herrschaft von Natur, Vernunft und Wahrheit beschwört, bewacht natürlich von drei Höllenhunden – und gleich daneben ihre Folterknechte mit Peitschenhieben auf Fußsohlen für Ordnung sorgen?

Prüfungen der Sarastro-Sekte

Pamina wird entführt, aus edelsten Motiven, versteht sich. Aber glaube niemand, dass es ihr darum gut ginge im Priesterreich. Sie wird gejagt und gequält von Monostatos – und dies ist der zweite Streich des Mister Pountney, denn Monostatos ist nicht einfach Sarastros Sklave, sondern sein zweites Ich, das in Bregenz bei der Beerdigung plötzlich unter seinen Beinen hervorkullert. Monostatos ist das Dunkle und Unbeherrschte, das es in diesem Vernunftreich wohlgesetzter Basstöne eigentlich gar nicht geben darf und das deswegen abgespalten und verleugnet werden muss.

In der Bregenzer „Zauberflöte“ lebt die Nachtwelt der Königin ebenso von der Lüge wie der Feuerkult des Priesters. Und während der Prinz Tamino auf seinem Selbstfindungstrip die schrägen Prüfungen der Sarastro-Sekte willig befolgt, kommt Rettung allein von den Frauen. Ganz zum Schluss wird Pamina ihren Geliebten nicht nur durchs, sondern vor allem übers Wasser ans rettende Seeufer führen, mitten ins Publikum. Ach ja, und Papageno bekommt natürlich seine Papagena.

Die Wiener Symphoniker lassen Zukunftsmusik erklingen

Am schönsten, am herrlichsten ist an diesem ganz erstaunlichen Abend die Musik bei den Arien der Jungen. Das ist sozusagen Zukunftsmusik. Dafür lässt der Dirigent Patrick Summers die Wiener Symphoniker ganz weich und zart, fast frühromantisch klingen. Dann besingt Norman Reinhardt als Tamino das bezaubernd schöne Bildnis, als wenn er es selbst gerade für sich malen würde. Dann singen Gisela Stille als Pamina und Daniel Schmutzhard als Papageno ebenso schwebend wie wahrhaftig von der alles rettenden Liebe – aber auch vom Tod, der hinter der Verzweiflung lauert.

Alfred Reiter als Sarastro und Ana Durlovski als Königin der Nacht kommen in ihren Partien deutlich formelhafter daher – aber so ist nun mal dieses Regiekonzept, und tiefster Bass und höchster Sopran liefern ordnungsgemäß Glanzstücke. Aber es ist ein Glanz, der frösteln lässt. Wer möchte schon auf Dauer leben in einer Welt, in der eine Versammlung der Immerrechthaber die ewige Herrschaft von Natur, Vernunft und Wahrheit beschwört, bewacht natürlich von drei Höllenhunden – und gleich daneben ihre Folterknechte mit Peitschenhieben auf Fußsohlen für Ordnung sorgen?

Das ist womöglich das Allererstaunlichste an diesem Bregenzer Abend, der vom Premierenpublikum bejubelt wird: wie Pountney auf dieser riesigen Bühne neben allem Spektakel kleine dichte Bilder intimen Schreckens setzt. Auf zwei Krücken muss Monostatos nach seiner Bestrafung zurück auf die Bühne humpeln, und als er dann seinen Dienst im Reich der Guten quittiert, pfeffert er Sarastro eine davon vor die Priesterfüße. Mit eben dieser Krücke sehen wir später den Vater Vernunft immer wieder über die Bühne tapern. Das ist der Preis, den er glaubt, der Welt im Namen des Guten abfordern zu müssen. Und dies Bildnis ist erschreckend wahr.