Kaum zu glauben, aber wahr: Im Jahr 2020 gibt es in Stuttgart und auf den Fildern Orte, an denen das Netz quasi nicht existiert. Was bedeutet das für Betroffene?

Filder/Stuttgart - Streaming ist an der Edenhallstraße in Stuttgart-Sonnenberg ein Fremdwort. Ulf Kumm vermietet dort eine Wohnung und muss seine Mieter mit gerade einmal sechs Megabit pro Sekunde vertrösten. „Und das mitten in der Großstadt, das ist ein Unding“, sagt Kumm. Er habe Glück, dass seine Mieter schon seit Jahren dort leben und sich mit der zur Verfügung stehenden Bandbreite arrangieren. „Wenn ich es jetzt zu vermieten hätte, würden bestimmt 50 Prozent sagen, dass sie es ohne Internet nicht haben wollen, denn man kann ja schon fast ‚ohne Internet‘ sagen“, meint Kumm.

 

Ähnlich sieht es bei Catherine Rommel in Heumaden aus. Zu Beginn der Corona-Pandemie hat sie sich erst einmal einen neuen Router angeschafft. „Ich dachte, jetzt ist Not am Mann“, sagt Rommel, „es hat im Endeffekt aber nichts verändert“. Offiziell sollte sie mit 100 Megabit pro Sekunde surfen, die Realität sieht aber anders aus: „Wenn ich eine Videokonferenz hatte, mussten alle anderen im Haus das Internet sofort verlassen, damit es funktioniert“, erzählt Rommel.

Was heißt das für das Ziel der Bundesregierung?

Schafft es die Internetgeschwindigkeit auf weniger als 30 Megabit pro Sekunde, spricht man von Unterversorgung. Wenn solche Fälle im Jahr 2020 mitten in der Landeshauptstadt zu finden sind – was heißt das dann für das Ziel der Bundesregierung, bis zum Jahr 2025 alle Bundesbürger mit Gigabitanschluss zu versorgen? Vermutlich nichts Gutes, da solche Geschwindigkeiten nur Glasfaserkabel bieten können und deren Ausbau vielerorts auf sich warten lässt. Zurzeit verfügen in Stuttgart und Filderstadt 97 Prozent der Haushalte über mindestens 30 Megabit pro Sekunde. In Steinenbronn und Waldenbuch sind es 98 Prozent, in Leinfelden-Echterdingen nur 92 Prozent.

Diese Zahlen zur Versorgung gehen aus dem Breitbandatlas des Bundesministeriums für digitale Infrastruktur hervor. Demnach sind im Bereich der Edenhallstraße und der Kießstraße in Sonnenberg nur zehn bis 50 Prozent der Anschlüsse mit mehr als 30 Megabit pro Sekunde versorgt. Im Umkehrschluss heißt das, dass 50 bis 90 Prozent dort unterversorgt sind. Auch in Heumaden gibt es am Reinekeweg und der Mannspergerstraße Lücken. Noch schlechter sieht es in der Sillenbucher Ortsmitte aus: Dort verfügen viele Haushalte lediglich über 16 Megabit oder weniger.

Schusslichter sind Filderstadt und Leinfelden-Echterdingen

Das Ziel der Bundesregierung war, dass bis 2018 alle Bundesbürger einen Breitbandanschluss haben. „Breitband“ ist ein Sammelbegriff für Internetzugänge mit einer hohen, aber nicht genau definierten Datenübertragungsrate. Im Falle der Regierung war diese Übertragungsrate bei 50 Megabit pro Sekunde angesetzt. Bundesweit sind aber bis heute nur rund 85 Prozent mit einem solchen Anschluss versorgt.

Im Vergleich dazu steht die Filderebene recht gut da. Laut Breitbandatlas verfügen in Stuttgart bisher 95 Prozent der Haushalte über mindestens 50 Megabit pro Sekunde, in Waldenbuch 98 und in Steinenbronn 97 Prozent. Schlusslichter auf den Fildern sind Filderstadt mit 93 Prozent und Leinfelden-Echterdingen mit 90 Prozent.