Der Rems-Murr-Kreis hat sich zum Ziel gesetzt, möglichst flächendeckend für ausreichend gute Datenübertragungsraten zu sorgen. Angedacht ist der Bau eines sogenannten Backbone-Netzes.

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Waiblingen - Der Rems-Murr-Kreis will den Ausbau einer möglichst flächendeckenden Breitbandversorgung unter Umständen selbst in die Hand nehmen. Angedacht ist ein Glasfaser-Hauptverteilnetz, das allen Kommunen einen Zugang zu schnellem Internet ermöglichen soll. Mit dem Bau des sogenannten Backbones, das ähnlich wie überregionale Straßen das Rückgrat (englisch: Backbone) des Netzes bilden soll, könnte 2018 begonnen werden. Doch zuvor will man die Ergebnisse einer Bedarfs- und Machbarkeitsanalyse abwarten, die wohl im Februar kommenden Jahres vorliegt. Die Untersuchung soll aufzeigen, welche Ausbauschritte im Landkreis notwendig und mit welchen Planungs- und Investitionskosten diese Schritte verbunden sind.

 

Regionsweites Konzept

Die Studie betrachtet den Rems-Murr-Kreis nicht isoliert. Angedacht ist, dass die fünf Landkreise, die Landeshauptstadt und der Verband Region Stuttgart im kommenden Jahr eine gemeinsame Anstalt öffentlichen Rechts (AöR) gründen, die den Backbonebau in der gesamten Region vorantreiben und das Netzt später an einen privaten Betreiber verpachten soll. Unabhängig davon soll je ein Breitbandkoordinator für die einzelnen Kreise benannt werden, der das Scharnier zwischen den Kommunen und der regionalen Ebene bildet.

Das zumindest ist die Empfehlung der Gutachter, die Jürgen Anders, Professor an der Fakultät Digitale Medien an der Hochschule Furtwangen, am Montagnachmittag den Räten im Umwelt- und Verkehrsausschuss des Kreistags erläutert hat. Erste Ergebnisse der Studie hätten gezeigt, dass ein schlechter Breitbandausbau nicht einzig ein Problem der ländlichen Kommunen sei. Auch in Ballungsräumen wie der Stadt Stuttgart hätten sich Versorgungslücken offenbart. Nicht nur deshalb halte man ein regionales Vorgehen für sinnvoll, bei dem viele Kosten auf sieben Schultern verteilt werden könnten und sich Synergien und mehr Optimierungsmöglichkeiten ergäben, als wenn jeder Landkreis für sich alleine plane. Das Netz gewinne durch seine Größe auch an Attraktivität und man erlange ganz andere Verhandlungsspielräume bei dessen Verpachtung. Jürgen Anders: „Sie haben eine viel größere Marktmacht.“

Größtes „Marktversagen“ im Rems-Murr-Kreis

Die Entscheidung, ob sich der Rems-Murr-Kreis an dem Vorhaben beteiligt, soll allerdings erst fallen, wenn die Details der Studie vorliegen. Nach dem, was Jürgen Anders bisher hat durchblicken lassen, dürfte dort aber ein besonders großes Interesse bestehen. Zwar liegt man bei der Zahl der „unterversorgten“ Kommunen (23) zurzeit noch gleichauf mit dem Landkreis Ludwigsburg und unter der von Esslingen (30). Dafür wird im Rems-Murr-Kreis aber das größte „Marktversagen“ bei der Deckung der Nachfrage nach schnellem Internet attestiert. Und die Absichten der privaten Telekommunikationsbetriebe, insbesondere des Marktführers Telekom, neue Breitbandnetze zu schaffen, werden weit niedriger bewertet als etwa in den Landkreisen Böblingen, Ludwigsburg oder der Landeshauptstadt.

Wer sich letztlich an die „großen Steckdosen“ des Backbones anschließt, bleibt freilich jeder Kommune selbst überlassen. Und genau darin sieht mancher Kreisrat das größte Risiko: „Das wird Millionen kosten“, betonte etwa der SPD-Rat Martin Kaufmann, der auch Bürgermeister von Rudersberg ist – Geld, das in den Kommunen kaum zur Verfügung stehe.