Der im Dezember gegründete Zweckverband Kreisbreitband hat von 39 Kommunen im Landkreis nahezu alle im Boot. Drei große Kreisstädte zögern noch – und auch anderswo ist das Vertrauen gegenüber dem Partner Telekom nicht groß.

Kreis Ludwigsburg - Das Bild soll freudige Eintracht ausstrahlen: 31 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sitzen mit dem Landrat Rainer Haas zusammen und unterzeichnen Ende Dezember öffentlichkeitswirksam im Landratsamt die Satzung des Zweckverbands Kreisbreitband Ludwigsburg. Mit seiner Hilfe soll der Glasfaserausbau im Landkreis flächendeckend vorangetrieben werden. Auch die anderen Landkreise der Region Stuttgart haben solche Zweckverbände gegründet. Denn die ganze Region soll künftig in den Genuss einer Internetverbindung jenseits der bislang – zumindest in den Städten – als Standard geltenden Geschwindigkeit von 50 Megabit pro Sekunde kommen. Das ehrgeizige Ziel: Bis 2025 soll jeder zweite Haushalt sowie alle Unternehmen einen Glasfaseranschluss bis ins Gebäude haben. Bis 2030 sollen 90 Prozent aller Haushalte einen gigabitfähigen Anschluss haben.

 

Möglich werden soll dies durch eine zentrale Gesellschaft, welche die Ausbaubemühungen zentral koordiniert, die Gigabit Region Stuttgart GmbH. Die Zweckverbände der Landkreise sowie die Landeshauptstadt sind darin Gesellschafter. Der Kooperationspartner aus der Privatwirtschaft, der den Ausbau vorantreiben soll, ist die Telekom. 600 Millionen Euro will sie dafür ausgeben – und nochmal 500 Millionen mehr, wenn die Region ebenfalls 500 Millionen zuschießt.

Die Lösung klingt sinnvoll – dennoch gibt es Vorbehalte

Das klingt zunächst nach einer sinnvollen Lösung für die Beseitigung eines jahrelangen Missstands. Deutschland ist in Bezug auf schnelles Internet EU-weit nur Mittelmaß – eine Tatsache, die sich zu einem klaren Standortnachteil entwickelt hat. Auch die Kommunen haben mittlerweile mitbekommen, dass schlechtes Internet für viele Unternehmen und auch Privatleute ein Ausschluss-Kriterium sein kann.

Die freudige Eintracht auf dem Bürgermeister-Foto aus dem Landratsamt täuscht jedoch: Nicht alle Bürgermeister des Landkreises sind dabei. Zum einen, weil ein paar für den Fototermin verhindert waren. Zum anderen aber, weil drei große Kreisstädte Vorbehalte gegenüber der Kooperation mit der Telekom haben: Bietigheim-Bissingen, Ludwigsburg sowie Kornwestheim – und damit die bevölkerungsstärksten Städte im Kreis – sind dem Zweckverband bisher nicht beigetreten. Sie alle verfügen über Stadtwerke, die den Glasfaserausbau bereits in Eigenregie vorantreiben und sich deswegen von der Telekom ungern reinpfuschen lassen wollen. In Kornwestheim, wo wegen eines Pilotprojekts der Telekom schon seit 2013 Glasfaserleitungen bis in die Wohnhäuser liegen, möchte man dem Zweckverband eher nicht beitreten, hört man aus dem Rathaus.

Bietigheim-Bissingen und Ludwigsburg verhandeln noch

In Bietigheim-Bissingen und Ludwigsburg befindet man sich derzeit noch in Verhandlungen mit der Telekom. Das Ziel ist ein so genannter Letter of Intent, in dem das Unternehmen sich verpflichtet, seine Leitungen auch für andere Anbieter zur Verfügung zu stellen (Open Access). „Wenn die Telekom das nicht tut, wäre das für uns ein K.o.-Kriterium für den Beitritt zum Zweckverband“, sagt Ulrich Kiedaisch, der Kämmerer der Stadt Ludwigsburg.

Zudem soll verhindert werden, dass Doppelstrukturen geschaffen werden. Man habe eben „besondere Erfahrungen“ mit der Telekom, sagt Bietigheim-Bissingens Oberbürgermeister Jürgen Kessing (SPD). Soll heißen: die Stadtwerke legten für viel Geld Glasfaserleitungen in unterversorgte Gewerbegebiete, nur um dann zu sehen, wie die lange untätige Telekom plötzlich nachzog – die Marktsituation hatte sich eben geändert.

In Gemmrigheim gab es einen Zwergenaufstand

Beide Städte befinden sich derzeit noch in Gesprächen mit der Telekom und seien hierbei „relativ weit“, wie Kiedaisch sagt oder auch „zuversichtlich“, wie Kessing sagt. Erst wenn ein bindender Vertrag mit dem Unternehmen zustände käme, werde man dem Gemeinderat den Beitritt zum Zweckverband empfehlen.

Doch nicht nur die großen Städte haben Vorbehalte gegenüber der Zusammenarbeit mit der Telekom. Gemeinden, die von der Telekom jahrelang nicht beachtet wurden und schließlich auf eigene Kosten Glasfaserleitungen verlegen ließen, befürchten, dass nun alle Gräben erneut aufgerissen werden müssen. So probte Gemmrigheim Mitte Dezember den Zwergenaufstand und stimmte zwar dem Beitritt zum Zweckverband zu, lehnte den Kooperationsvertrag mit der Telekom jedoch ab.

Im Kreistag scheiterte die Linken-Fraktion mit einem Antrag, die Kooperationsvereinbarung mit dem Unternehmen zu streichen. Und die SPD wollte die Zusammenarbeit nur, wenn die Telekom Open Access gewährt und keine Doppelstrukturen schafft. Zudem sollen die Kommunen weiterhin die Entscheidungsfreiheit behalten, ob sie mit der Telekom, ihren Stadtwerken oder einem anderen Anbieter ausbauen. Auch dieser Antrag wurde abgelehnt.