Als Fußballvereine noch nicht direkt von den Bekleidungsmarken ausgestattet wurden, hat Sport Breitmeyer dem VfB Stuttgart Trikots und Kickstiefel geliefert. Nun ist Schluss – zumindest mit dem Ladengeschäft.

Lokales: Alexander Ikrat (aik)

Stuttgart - Es ist das nächste in einer langen Reihe von Geschäften, in denen noch der Inhaber am Verkaufstresen steht und die vor dem Handel im Internet in die Knie gehen. Breitmeyer Citysoccer, viele Jahre als Intersport Breitmeyer an der Calwer Straße 22 bekannt, schließt am 9. März seine Pforten – nach 137 Jahren. Juniorgeschäftsführer Marc Hassler macht im Internet weiter.

 

Sport Breitmeyer ist eine Institution in Stuttgart. Seit 1882 gibt es „den Breitmeyer“, damals als „Fachgeschäft für Wander- und Turnbekleidung“ in der Büchsenstraße eröffnet. Später durfte man sich sogar mal als „königlicher Hoflieferant“ bezeichnen, weiß der langjährige Inhaber Gerd Riehm zu berichten, „und zeitweise haben wir den VfB mit Trikots ausgestattet“.

Eine der VfB-Legenden von damals, Robert Schlienz, der mit dem Club in den 50er Jahren jeweils zweimal Meister und Pokalsieger wurde und es zum Nationalspieler brachte, leitete nach seiner Karriere sogar die Filiale in Bad Cannstatt. Der fast 66-Jährige Riehm ist seit 1967 dabei, zunächst als Auszubildender, von 1985 an als Geschäftsführer und alleiniger Inhaber.

Kickstiefel ins Stadion gebracht

Breitmeyer, der sich damals dem Einkaufsverbund Intersport anschloss, hatte immer engen Kontakt zum Fußball. Zu vielen Vereinen in der Region, die er mit Trikots ausstattete, und eben zum VfB. Riehm erinnert sich, wie er sich nicht nur einmal mit Fußballschuhen auf den Weg ins Stadion machte, weil einen Spieler die neuen Kickstiefel zwickten. Oder an Spieler wie den Italo-Argentinier Mauro Camoranesi, der 2011 in seinen Laden kam und kurzerhand „acht Paar Schuhe in Größe 43 heraussuchte und mitnahm, um sie zuhause auszuprobieren. Was nicht passte, verschenkte er weiter“, so Riehm. Heute ließen sich schon die meisten Amateurkicker mehrere Paare zur Auswahl nach Hause liefern, und schickten – was nicht passt – zum Internethändler zurück.

Zur Eröffnung kam Timo Werner

So berichtet es Marc Hassler. Riehms Stiefsohn ist seit drei Jahren als zweiter Geschäftsführer im Boot – seit Breitmeyer die langjährige Adresse an der Calwer Straße verlassen musste, weil der Eigentümer das Gebäude sanieren wollte. „Wir wollten immer ein Fußballgeschäft sein“, erinnert sich Hassler, „und wir haben unser Geschäft auch hauptsächlich mit Fußball gemacht.“ Mannschaften ausgerüstet, Trikots mit Namen beflockt und Sponsorenlogos angebracht, Schuhe verkauft. Riehm und Hassler befolgten 2016 das Gebot der Stunde: Spezialisieren, beraten, Erlebnis bieten. An der neuen Adresse Marienstraße 23 gegenüber dem Gerber, wo früher eine Videothek war, zog Breitmeyer unter dem Namen Citysoccer ein. „Alle sollten wissen, hier geht es um Fußball“, sagt Hassler. Auf mehr Quadratmetern und ohne Ski, Tennisschläger und Joggingschuhe. In einem Fußballkäfig können die Kunden ihre Wahl gleich ausprobieren, und zur Eröffnung kam dank der Kontakte zum Schuhhersteller Adidas der heutige Nationalstürmer Timo Werner, flankiert von den alten VfB-Recken Hansi Müller und Karlheinz Förster

Viel Aufwand, wenig Ertrag

Doch der große Aufschlag am Rande der Innenstadt entpuppte sich nach anderthalb Jahren als Rohrkrepierer. „Wir haben viel Geld reingesteckt, viel Aufwand getrieben“, sagt der 39-jährige Hassler, „und es gibt auch wirklich viele, die kommen und die große Auswahl ausprobieren.“ Aber, so lautet sein bitteres Fazit: „Es reicht einfach nicht.“ Es wird zu wenig verkauft auf der großen Fläche – obwohl diese zum Quadratmeterpreis im niedrigen zweistelligen Bereich zu haben war. Weiter drinnen in der City hätten sie mindestens 70 Euro ausgeben müssen.

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Die Konkurrenz im Internet ist zu groß. „Die Preise werden dort dermaßen kaputt gemacht“, sagt Hassler. Ein neuer Schuh gehe mit 33 Prozent Rabatt ins Rennen und stehe nach zwei Wochen bei 40 Prozent. „Wir haben Vereinsmitgliedern früher zehn Prozent gegeben“, vergleicht er, „heute geht der Schuh mit 20 bis 30 Prozent raus. Wir mussten die Reißleine ziehen.“

Im Internet geht es weiter

Hassler will sich nun weiter spezialisieren. Weiterhin Trikots beflocken und Mannschaften ausrüsten, deren Hemden er nach speziellen Wünschen gestalten will, die Internetanbieter seiner Ansicht nach nicht zuverlässig erfüllen. Er holt sich dafür selbst Unterstützung von einem Onlinehändler. Einen Lagerraum am jetzigen Standort nutzt er als Ausstellungsraum.

Einen Laden mit regelmäßigen Öffnungszeiten und neun Mitarbeitern aber wird es nach dem Ausverkauf, der am 4. Februar startet und bis 9. März geht, nicht mehr geben. „Es war mein Traumjob, mit Fußball zu tun zu haben“, sagt Riehm, der Hassler nur noch berät, „aber wir müssen jetzt einen Schlussstrich ziehen, um mit einem blauen Auge davonzukommen.“