Ein seit Wochen defekter Aufzug bringt grundsätzliche Probleme des Parkhauses und des Treffpunkt Rotebühlplatz ans Licht. Für Menschen mit Behinderung könnte das zweite UG der Garage zur Falle werden. Die Behindertenbeauftragte Simone Fischer hat sich eingeschaltet.

Stuttgart - Die ältere Dame schimpft wie ein Rohrspatz. „Immer noch kaputt“, ereifert sie sich und zeigt auf das rote Licht am Aufzug des Rotebühl-Parkhauses. „Es ist ein Skandal“, ergänzt sie und findet Zustimmung.

 

Auch eine Mutter mit Kinderwagen ist aufgebracht. Sie ist mit ihren beiden Kindern (10 und 20 Monate) auf dem Weg zu einer Veranstaltung im Treffpunkt Rote-bühlplatz. Es sei eine Zumutung, dieses Treppenhaus zu bewältigen, sagt sie und schildert das Problem konkreter: Weil der Aufzug am Treppenhaus zum Ausgang Fritz-Elsas-Straße seit Wochen nicht funktioniere, müsse sie den Weg über die Treppen aus organisatorischen Gründen mit Kindern und Kinderwagen zweimal hoch und runter laufen. Gleiches gilt für den Rückweg. „Oben am Automaten zahlen, mehrere Gänge, dann raus – nun aber war wegen Überschreitens der bezahlten Parkzeit nochmals eine Stunde extra zu zahlen. Machte drei Euro extra für eine Parkzeit von 10.02 bis 12.25 Uhr“, erzählt sie. Am Ende habe der Spaß 8,70 Euro gekostet.

Warzen auf ein Ersatzteil

Ein Mitarbeiter des Betreibers, der Firma Hüfner, kennt die Probleme. Er weiß, dass Eltern mit Kinderwagen oder Menschen im Rollstuhl in dem Parkhaus kaum eine Chance haben. Das ist ihm offensichtlich peinlich. „Wir können auch nichts dafür“, sagt er. „Wir warten seit zwei Wochen darauf, dass die Aufzugsfirma den Fahrstuhl repariert.“ Angeblich sei ein fehlendes Ersatzteil für den Motor der Grund für den Ausfall. Der Mitarbeiter vermutet, dass die Firma lieber einen neuen Aufzug verkaufen würde, statt nur 8000 Euro für die Reparatur zu verdienen. „Wenn wir Glück haben, läuft der Aufzug in dieser Woche wieder“, sagt er.

Tatsächlich ist das Parkhaus und der Treffpunkt Rotebühlplatz, beides in Besitz der Stadt Stuttgart, in die Jahre gekommen. 25 Jahre haben die Immobilien auf dem Buckel. Daher wünschen sich viele Besucher eine Modernisierung. Nicht nur das. Keinem leuchtet es ein, warum ein derart frequentiertes Veranstaltungsgebäude keinen direkten Zugang zum Parkhaus hat. Auf die Kritik der Besucher, dass man einen Aufzug wünsche, der direkt von Veranstaltungsräumen des Treffpunkts in die Tiefgarage führt, reagiert Gudrun Hähnel mit Verständnis. Bei der VHS sei dieses Thema auch schon diskutiert worden. Allerdings wollte man den direkten Zugang aus Sicherheitsgründen nicht. Denn der Treffpunkt Rotebühlplatz schließt um 23 Uhr, die Ausfahrt und der Zugang zur Tiefgarage ist jedoch rund um die Uhr möglich. „Damit wäre die Sicherheitslage des Hauses nicht mehr gewährleistet.“

Wie die Dinge liegen, wird sich am Gesamtzustand so schnell nichts ändern. „Aktuell ist keine grundlegende Modernisierung geplant“, sagt ein Sprecher der Stadt auf die Anfrage, ob eine direkte Aufzugverbindung von der Garage in den Treffpunkt möglich sei. Manche wünschen sich als Veranstaltungsteilnehmer auch einen Rabatt beim Parken. „Es gab früher einen ermäßigten Abendtarif für Kursteilnehmer der VHS. Dieser wurde jedoch zum Wintersemester 2013 eingestellt, da zum einen der Standort sehr gut mit Bus und Bahn zu erreichen ist, und die vom Gemeinderat beschlossenen Parktarife für alle Nutzer gleich sind. Eine Ausnahmeregelung kommt nicht in Betracht“, sagt ein Sprecher der Stadt.

Das zweite UG ist eine Sackgasse

Aber die Sache mit der Parkermäßigung ist eine Petitesse. Im Parkhaus selbst könnte es für Rollstuhlfahrer, aber auch für stark gehbehinderte Menschen richtig brenzlig werden. Denn grundsätzlich gibt es nur einen Aufzug – den am Ausgang zur Fritz-Elsas-Straße. An dem Ausgang zum Rotebühlplatz hingegen könnte sich der Rolli-Fahrer im Notfall immerhin aus dem ersten Untergeschoss retten. Allerdings muss er dann mit seinem Rollstuhl acht Stufen abwärts nehmen, ehe er in der Passage Stadtmitte landet. Aber auch ohne Einschränkung kann der Weg in den Treffpunkt Rotebühlplatz auf diesem Weg anstrengend werden. Denn in diesen Tagen war auch die Rolltreppe kaputt. Bedeutet: Man muss 38 Stufen hoch- oder runterlaufen.

„Das geht gar nicht“, sagt Gudrun Hähnel, die bei der Volkshochschule (VHS) für die Koordination im Treffpunkt Rotebühlplatz zuständig ist. „Wir brauchen diesen Aufzug, denn schon ein Aufzug ist eigentlich zu wenig.“ Zudem bestätigt sie, dass das zweite Untergeschoss für Menschen mit Behinderung oder im Rollstuhl „ein Problem“ im Gefahrenfall darstellt: „Man muss das im Auge haben.“ Tatsächlich wäre das zweite Untergeschoss im Brandfall eine Falle für Rollstuhlfahrer. Es ist kein barrierefreies Entkommen möglich.

Die Behindertenbeauftragte der Stadt Stuttgart, Simone Fischer, will der Sache nun auf den Grund gehen und die verschiedenen Ämter um Aufklärung bitten. Eines kann sie jedoch jetzt schon sagen: „Grundsätzlich besteht der Wunsch für Menschen mit Behinderung nach Eigenrettung. Erst in zweiter Linie soll man Hilfe in Anspruch nehmen können.“ Dass der Aufzug nun schon seit mehr als zwei Wochen außer Betrieb ist, findet sie nicht akzeptabel: „So wird das Parkhaus zur Sackgasse. Daher wäre ein Hinweis auf den defekten Aufzug am Eingang sehr sinnvoll.“