EU-freundliche Rebellen in der Regierungsfraktion haben Theresa May ihre erste Niederlage im Parlament beigebracht. Für die Regierungschefin eine herbe Schlappe. Muss sie nun von ihrer harten Brexit-Linie weiter abrücken?

Stuttgart - Das britische Parlament hat der Regierung von Premierministerin Theresa May in Sachen Brexit das Heft aus der Hand genommen. In einer dramatischen Sitzung und mit äußerst knapper Mehrheit beschloss das Unterhaus am Mittwochabend, dass die Legislative – und nicht Theresa Mays Exekutive – die letzte Instanz in Sachen Brexit ist. Die Entscheidung fiel mit 309 zu 305 Stimmen.

 

Es ist eine spektakuläre Niederlage für die Premierministerin. Hätte sich ihre Regierung durchgesetzt, hätte sie nach dem Ende der Brexit-Verhandlungen nächstes Jahr jede ihr genehme Form des Brexit durchdrücken können. Nun kann das Parlament eigenständig über das Verhandlungsergebnis entscheiden. Es könnte sogar, wenn es denn wollte, den ganzen Brexit-Prozess stoppen.

Kritiker werfen May Überheblichkeit vor

Beim Showdown im Parlament fielen der Premierministerin ein Dutzend EU-freundliche Mitglieder ihrer konservativen Partei in den Rücken. Sie stimmten mit dem großen Pulk der Oppositionsparteien für die „Souveränität des Parlaments“ in der Brexit-Frage. Die Parlamentarier wollen sich damit mehr Einfluss auf die Brexit-Verhandlungen in Brüssel sichern. Jetzt muss May möglicherweise Zugeständnisse an EU-freundliche Abgeordnete in der Regierungsfraktion machen, um das Ja des Parlaments zum Abkommen mit Brüssel zu erhalten. Die Regierung hatte mit allen Mitteln versucht, diesen Aufstand niederzuschlagen. Sie hatte mehrere – wiewohl unverbindliche – Versprechen abgegeben und einzelne Rebellen einzuschüchtern versucht.

Nachgeben wollte May den „Meuterern“ nicht. Das Parlament, erklärte die Premierministerin am Mittwoch, habe die Entscheidung über den EU-Austritt schließlich per Referendum der britischen Bevölkerung übertragen. Nun dürfe sich Westminster nicht weiter einmischen: „Die Bevölkerung unseres Landes hat für Austritt aus der EU gestimmt – und meine Regierung setzt das um für unser Volk.“ Kritiker warfen May im Gegenzug „Überheblichkeit“ und „politische Blindheit“ vor.