Was ein EU-Austritt für kleine und mittlere Unternehmen bedeutet. Die Erfahrungen eines Mikrobrauers.

Berlin - „Stoppt Massenbierhaltung“, lautet der Slogan des Hamburger Mikrobrauers von Freude. Als Start-up-Unternehmen hat die kleine Brauerei 2013 angefangen. Sie will sich mit eigenen Hopfenmischungen von industriell gefertigten Bieren absetzen. Das junge Unternehmen mit drei Mitarbeitern expandiert bisher vor allem in Norddeutschland, Berlin, dem Rheinland und Bayern. Es verfügt auch schon über Erfahrungen im Exportgeschäft. Von-Freude-Geschäftsführer Martin Schupeta arbeitete früher im Firmenkundengeschäft von Banken und kennt sich im Exportgeschäft aus. Für ihn ist klar, dass die Folgen eines EU-Austritts von Großbritannien weitreichend wären. „Meine Befürchtung ist: Gerade für kleine Unternehmen sind Ausfuhren in Nicht-EU-Länder ein langwieriger Prozess.“

 

Briten liegen bei Export auf Platz drei

Großbritannien ist für Deutschland hinter den Vereinigten Staaten und Frankreich das drittwichtigste Exportland – das geht aus der Statistik für 2015 hervor. Im vergangenen Jahr lieferte Deutschland nach den Ausfuhrzahlen des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) Waren und Dienstleistungen für 89 Milliarden Euro ins Vereinigte Königreich. Deshalb ist absehbar, dass ein EU-Austritt die deutsche Wirtschaft treffen würde. Wie würden sich die Konsequenzen im Alltag der Betriebe zeigen? Die Brauerei von Freude hat ihre Biere auch schon ins Nicht-EU-Land Schweiz geliefert. Aus diesen Erfahrungen lasse sich ableiten, was beim britischen EU-Aus zu erwarten wäre, meint der Geschäftsführer. „Bei Lieferungen in die Schweiz machen wir die Erfahrung, dass sie mit mehr Aufwand verbunden sind“, sagt Schupeta. Bei Sendungen in die Eidgenossenschaft muss in den Zolldokumenten das genaue Gewicht des Inhalts und der Verpackung angegeben werden. Auch die Rechnung ist mit besonderen Zusätzen zu versehen. „Innerhalb der EU ist das sehr viel einfacher“, sagt Schupeta.

Der Geschäftsmann glaubt, dass ein EU-Austritt Großbritanniens im täglichen Geschäft viele Erschwernisse mit sich brächte. Das gelte gerade für kleine und mittlere Unternehmen. „Bei Geschäften mit Nicht-EU-Ländern sind für uns als Markteinsteiger die Barrieren vergleichsweise hoch.“ Da sich im Königreich die Biersteuer nach dem Alkoholgehalt richtet, sind Biere dort teurer als auf dem Kontinent. „Wenn noch die zusätzlichen Kosten für die Zollabfertigung hinzukämen, wäre das bei kleinen Liefermengen eine enorme Kostenbelastung“, meint Schupeta. Großunternehmen mit eigenen Exportabteilungen könnten den zusätzlichen Aufwand sicherlich besser bewältigen. In Kleinbetrieben sieht das anders aus. Sie müssen Agenturen einschalten, was mit Kosten verbunden ist.

Neue bürokratische Hürden

Wie die Hindernisse im täglichen Geschäft bei Ländern außerhalb der EU aussehen, macht Schupeta anhand seiner Reiseplanung für die nächsten Tage deutlich. Am Freitag will er nach London fliegen, um über Kooperationen zu verhandeln. Der Mikrobrauer will ein neues Konzept mit Dosenbier und Kaviar umsetzen. Den Kavier wird er zu den Gesprächen in Großbritannien als Warenprobe aus Deutschland mitbringen. Das ist innerhalb der EU problemlos möglich. „Wäre Großbritannien nicht in der EU, müssten wir uns für die Ausfuhr des Kaviars ein Artenschutzzertifikat besorgen.“ Das sind zwar nur kleine bürokratische Hindernisse, doch sie würden bei einem Brexit zunehmen. „Wir sind in Europa daran gewöhnt, dass es unproblematisch läuft. Das soll so bleiben“, sagt der Geschäftsführer.

Auch die Wirtschaftsverbände hoffen, dass der Brexit nicht Wirklichkeit wird. „Bei einem Brexit wäre der Handel und Transaktionen aller Art mit Großbritannien lange Zeit gestört“, sagt Hubertus Porschen, Vorsitzender des Verbands Die Jungen Unternehmer. In diesem Fall erwartet er Zölle, neue Marktzugangsregeln und enorme Bürokratie, die das Geschäft mit Großbritannien erschweren würden. Aus Sicht der Jungunternehmer wäre Deutschland der größte Verlierer bei einem Brexit. „Die EU wäre ohne Großbritannien von Ländern dominiert, die eine protektionistische und wettbewerbsfeindliche Politik anstreben“, sagt Porschen. Das liege nicht im deutschen Interesse.