Der EU-Austritt Großbritanniens verändert die Sitzverteilung im Europäischen Parlament. Unter anderem werden die Rechtsextremen künftig mehr Sitze haben als die Grünen. Doch der größte Gewinner ist eine andere Fraktion.

Korrespondenten: Markus Grabitz (mgr)

Brüssel - Unmittelbare Folgen hat der Austritt des Vereinigten Königreichs Ende des Monats für die Sitzverteilung im Europäischen Parlament. 73 britische Abgeordnete verlassen die Volksvertretung, im Gegenzug ziehen 27 neue Parlamentarier aus 14 Mitgliedstaaten neu ins Parlament ein. Dadurch wird das Kräfteverhältnis zwischen den Fraktionen im Europa-Parlament aufgemischt. Das Parlament wird von 750 Sitze auf 704 Sitze verkleinert.

 

Großer Gewinner der neuen Sitzverteilung ist die Fraktion der christdemokratischen Parteienfamilie EVP, bei der auch die deutschen CDU/CSU-Abgeordneten zu Hause sind. Die Gruppe, die von dem CSU-Politiker Manfred Weber angeführt wird und bereits bisher die stärkste Fraktion war, legt von 182 auf 187 Sitze zu. Dies geht aus der neuen Sitzverteilung hervor, die unserer Zeitung vorliegt.

So verändern sich die einzelnen Fraktionen

Die Christdemokraten können demnach mit Verstärkung durch fünf Abgeordnete aus Estland, Irland, Spanien, Italien und der Slowakei rechnen. Der Abstand der EVP-Fraktion zur zweitgrößten Fraktion der Sozialisten („S&D“) wird größer. Die Sozialisten, die bislang 154 Sitze hatten und künftig auf 148 Sitze kommen, verlieren durch den Brexit zehn britische Labour-Abgeordnete und bekommen aber nur vier neue Abgeordnete hinzu, unter anderem aus Spanien und Frankreich.

Die drittstärkste Kraft im Parlament, die Fraktion der Liberalen, („Renew Europe“ abgekürzt RE), schrumpft von 108 auf 97 Sitze. Die Liberalen verlieren durch den Brexit 17 britische Abgeordnete und gewinnen sechs neue Sitze dazu. Die Christdemokraten verlieren mit dem Brexit keine Abgeordneten, weil die britischen Tories schon in der Vergangenheit nicht mehr Teil der EVP-Fraktion waren.

Rechtsextreme mehr Sitze als Grüne

Die Parteienfamilien von Christdemokraten, Sozialisten und Liberalen unterstützen das Personalpaket mit Ursula von der Leyen als Kommissionspräsidentin und andere Spitzenjobs in der EU, das unter den Staats- und Regierungschefs im Sommer ausgehandelt wurde. Seit den Europawahlen haben Christdemokraten und Sozialisten nicht mehr eine eigene Mehrheit im Parlament. Sie sind seitdem angewiesen auf die Stimmen der Liberalen. Seit den Europawahlen hatten EVP. S&D und RE zusammen 444 Sitze, künftig kommen sie zusammen auf 432 Sitze.

Die Fraktion der Grünen, die das Personalpaket nicht unterstützt und bislang viertstärkste Kraft war, verliert von 74 auf 67 Sitze. Damit zieht die Fraktion der Rechtsextremen, „ID“, bei denen auch die deutschen AfD-Abgeordneten sitzen, an den Grünen vorbei, sie legt um drei Sitze zu und kommt künftig auf 76 Sitze.

EU-Parlament kleiner als der Bundestag

Bereits in der letzten Wahlperiode hatte das Europa-Parlament beschlossen, dass mit dem Austritt des Vereinigten Königreichs 27 der 73 Sitze der britischen Abgeordneten unter 14 Mitgliedstaaten verteilt werden, die bislang unterrepräsentiert sind. Ein Teil der wegfallenden Sitze ist reserviert für den Fall, dass neue Mitgliedsländer der EU beitreten. Zum Vergleich: Das Europa-Parlament, das nach dem Brexit die Volksvertretung für 460 Millionen Europäer ist, wird eine Sollstärke von 704 Abgeordneten haben. Im Deutschen Bundestag, die Volksvertretung für 83 Millionen Deutschen, hat 709 Sitze.