Debatten über Leihmutterschaft werden gerne hart und hitzig. Der Spielfilm „Melodys Baby“ lässt sich auf moralische Wertungen abr gar nicht erst ein. Er schildert behutsam, doch nie naiv die extreme Beziehung zweier Frauen.

Stuttgart - Melody schneidet Haare. Sie kommt zu ihrer Kundschaft, aber das nicht nur, um den weniger Mobilen einen Service zu bieten. In „Melodys Baby“ sehen wir bald, dass die junge Belgierin kein Zuhause hat. Sie schläft, wo sie kann, denn sie spart Geld für einen eigenen Salon. Während wir uns noch fragen, ob das verbissener Aufstiegswille ist oder nur die Bemäntelung des Abgestürtzseins, geht Melody (Lucie Debay) schon einen Schritt weiter in der radikalen Selbstvermarktung. Sie erklärt sich bereit, der reichen englischen Geschäftsfrau Emily (Rachael Blake) als Leihmutter bei der Erfüllung eines Lebenstraums zu helfen.

 

Man könnte sich diesen Stoff gut als neuen Film der Dardenne-Brüder vorstellen, der in Nachfolge von „Lornas Schweigen“ und „Zwei Tage, eine Nacht“ mit einer Gesellschaft ins Gericht geht, in der die Begüterten die weniger Begüterten nur noch skrupellos benutzen. Aber der belgische Regisseur Bernard Bellefroid und das Autorenteam, mit dem zusammen er das Drehbuch erstellt hat, geben der Geschichte eine andere Richtung und einen anderen Ton.

Keine kontrolliert die andere

„Melodys Baby“ porträtiert leise, unaufgeregt, ohne Zorn und ohne Tadel die komplizierte Beziehung zweier Frauen, die sich aus völligem Fremdsein in höchste Intimität begeben. Die sich auf etwas einlassen, das keine von ihnen beiden ganz kontrollieren kann – auch wenn Emily, die längst Eizellen und Sperma einfrieren ließ und nun die passende Gebärmutter gefunden hat, zunächst eine diktatorische Kraft zu sein scheint. Aber damit ist es vorbei, als Melody bei ihr einzieht. „Melodys Baby“ steigt nicht in die große moralische Debatte über Leihmutterschaft ein, sondern zeigt etwas, das in den Debattenritualen und starren Argumentblöcken gar nicht vorkommt.

Melodys Baby. Belgien, Luxemburg, Frankreich 2014. Regie: Bernard Bellefroid. Mit Lucie Debay, Rachael Blake, Don Gallagher. 92 Minuten. Ab 12 Jahren.