Die Düsseldorfer Punkband Broilers bespielt die Schleyerhalle mit kernigem Kraftrock und einer – meist – stimmigen Mischung aus Spaß und Pathos.

Stuttgart - Es war das 2014-er Album „Noir“, das die Geister schied. „Viel zu poppig“, moserten Broilers-Fans der ersten Stunde. Umgekehrt wurden erst durch diese Disc viele neue Hörer auf die Düsseldorfer Punkrocker aufmerksam. Und die Konsequenzen dieses Flirts mit einem eher auf Hochglanz polierten Saitensound dauern unvermindert an. Broilers-Frontmann Sammy Amara kann in der mit siebentausend Fans sehr gut besuchten, nur im Innenraum geöffneten Schleyerhalle jedenfalls neben vielen „alten Mitgliedern der Familie“ auch etliche frische Gesichter begrüßen, die die meisten der inzwischen fünfundzwanzig Karrierejahre des Quintetts eher verpasst haben dürften.

 

Aber die herzlich-herbe Kundschaft aus frühen Sturm-und-Drang-Zeiten hat schon noch die Überhand. Die Fraktion der Wildpinkler draußen vor der Halle ist am Freitagabend jedenfalls deutlich größer als, sagen wir: neulich bei Sting, und die Flaschensammler machen dank der trinkfreudigen Klientel mal wieder ordentlich Beute. Drinnen nimmt die Party derweil langsam Fahrt auf. Das kräftig vorgeglühte Publikum grölt sich in Laune und nimmt freudig ein paar Bierduschen, die Stimmung erinnert an eine englische Darts-Arena. Und die Broilers lassen über zwei Stunden lang nichts anbrennen.

Reggea und Ska mischt sich zum Punkrocksound

Mit zwei Gitarren im volle-Kraft-voraus-Modus und Refrains wie Schlachtrufe („Keine Hymnen heute“) ballert man einen kompakten Kraftrock in die Halle, der die stilistische Nähe zu den Toten Hosen deutlich macht – und die Unterschiede den Stadtkollegen ebenfalls. Während sich Campino & Co. merkwürdigerweise bisher nie nennenswert für Reggae und Ska interessiert haben, mischen sich bei den Broilers jede Menge Offbeat-Rhythmen in den Sound. Anderes erinnert an punkig aufgearbeitete Tanzdielenmusik der fünfziger Jahre, mal blitzt eine Countrygitarre auf, mal ein Keyboard aus NDW-Zeiten. Vor allem aber ist da ein dreiköpfiger Bläsersatz, der wie ein Eimer Red Bull wirkt und dem Sound sozusagen Flügel verleiht.

Der Bass von Ines Maybaum bleibt hingegen eher im Hintergrund, aber die Gitarren von Amara und Ronald Hübner und das XXL-Schlagzeug von Andreas Brügge garantieren eine Show zwischen Punk- und Breitwand-Rock, die fraglos Entertainment-Qualitäten besitzt. Nicht zuletzt, weil der Bandleader den Abend souverän wegmoderiert. Eloquent, so politisch wie nötig, so humorig wie möglich und ziemlich lässig plaudert sich Amara durch das Set – auch einen Düsseldorfer Karnevalsabend könnte dieser rheinische Jung, als Sohn hessisch-irakischer Eltern gleich mit doppeltem Migrationshintergrund ausgestattet, prächtig über die Bühne bringen. Kein Wunder, dass auch der running gag im Tourrepertoire (die Suche nach dem beliebtesten Bier der jeweiligen Stadt) auch in Stuttgart bestens funktioniert. Das Stimmungsbild: Wulle funzt, Hofbräu sucks und das andere aus dem Südschwarzwald gehört der Stadt verwiesen.

Zielgruppengerechter Konsenshumor gehört halt auch zum Markenkern der Broilers – und etwas Pathos ebenfalls. Da schiebt sich schon mal ein gefälliger Synthieteppich unter den Sound, eine U2-Gitarre dreht bedeutungsschwer ihre Kreise, und wenn zum Finale rote Fackeln in die Halle getragen werden, kippt die Inszenierung doch sehr ins Geschmäcklerische. Nach 120 fraglos kurzweiligen Minuten ist’s dann Zeit zu gehen.


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