Negativpreis
Der Big Brother Award wird vom Bürgerrechtsverein Digitalcourage organisiert. Jedes Jahr werden Firmen und Institutionen „prämiert“, die sich wenig um Datenschutz scheren. Zur Jury gehören Vertreter des Chaos Computer Clubs, der Internationalen Liga für Menschenrechte und der Deutschen Vereinigung für Datenschutz. Der Negativpreis wird in mehreren Kategorien verliehen:

Arbeitswelt
Die Gesundheits-App Kelaa der Soma Analytics überwacht anhand verschiedener Parameter wie etwa der Aufgeregtheit der Stimme beim Telefonieren den Gesundheits- und Vitalzustand von Beschäftigten.

PR & Marketing
Mit dem Werbebegriff „Smart City“ versuchen Technikfirmen, Kommunalpolitikern die „Safe City“ zu verkaufen, eine laut Jury mit Sensoren „überwachte, ferngesteuerte und kommerzialisierte Stadt, die ihre Bürger zu datenliefernden Objekten macht“.

Technik
Microsoft Deutschland erhält den Preis für die kaum deaktivierbare Übermittlung von Diagnose-Daten durch sein Betriebssystem Windows 10.

Brink sieht seine Behörde nun in der gleichen Situation wie viele andere Behörden. „Derzeit setzen viele in der öffentlichen Verwaltung eingesetzte Anwendungen Windows voraus. Hier umzusteuern fällt vielen Verwaltungen – wie auch Privatunternehmen – natürlich schwer“, sagt er. Man habe sich inzwischen in „eine faktische Abhängigkeit zu bestimmten Anbietern manövriert“. Deshalb müssten die Behörden Alternativen in der Ausbildung wie auch bei der Beschaffung stärker beachten.

Die Behörden des Landes Baden-Württemberg sind nicht die einzigen, die Windows 10 jetzt oder in naher Zukunft einsetzen werden. Das Bundesinnenministerium verhandelt derzeit mit Microsoft über neue Rahmenverträge für Bund, Länder und Kommunen. Dabei geht es nicht um Peanuts: Wie eine Anfrage im Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestags vergangene Woche zeigte, zahlte allein der Bund in den letzten drei Jahren eine Viertelmilliarde Euro Lizenzgebühren an Microsoft.

Arbeit für Datenschützer

Bei den Verhandlungen vor drei Jahren spielten Datenschutz- und Sicherheitsaspekte noch eine untergeordnete Rolle. Das könnte jetzt anders werden: Die Datenschutzkonferenz von Bund und Ländern wird sich Ende April mit dem Thema befassen. Deren Vorsitzende, die nordrhein-westfälische Landesdatenschützerin Helga Block, weist vorsorglich darauf hin, dass „im Einzelnen zu prüfen ist, ob der Datentransfer angemessen und insgesamt zulässig ist“. Das wird jedoch nicht allein Aufgabe des BSI sein, auch die Datenschutzaufsichtsbehörden werden sich damit befassen müssen.

Block weist auch in Richtung Europa: So müsse geprüft werden, „ob ein Datentransfer ins Ausland erfolgt und ob dort ein angemessenes Datenschutzniveau gewährleistet ist“. Seit dem Facebook-Skandal rund um die Datenauswertungsfirma Cambridge Analytica steht auch die Rechtsgrundlage für den transatlantischen Datenverkehr, der sogenannte Privacy Shield, wieder auf dem Prüfstand der EU-Kommission.

Dass Microsoft eine Rolle rückwärts macht und die Datenübertragung komplett blockiert, ist angesichts der Konzernstrategie unwahrscheinlich. Erst vor zwei Wochen bekräftigte Microsoft-Chef Satya Nadella die zentrale Marschrichtung in Richtung Cloud: Software, Daten und Rechenkapazität sollen zunehmend aus dem Netz kommen. Ein Betriebssystem, das nicht mit dem Netz kommuniziert, ist damit aus Sicht des Konzerns ganz klar ein Auslaufmodell. Die Frage ist nur, ob Behörden und auch Unternehmen, die in sicherheitskritischen Bereichen aktiv sind, mit dieser Vision leben können.

Negativpreis Big Brother Award

Negativpreis
Der Big Brother Award wird vom Bürgerrechtsverein Digitalcourage organisiert. Jedes Jahr werden Firmen und Institutionen „prämiert“, die sich wenig um Datenschutz scheren. Zur Jury gehören Vertreter des Chaos Computer Clubs, der Internationalen Liga für Menschenrechte und der Deutschen Vereinigung für Datenschutz. Der Negativpreis wird in mehreren Kategorien verliehen:

Arbeitswelt
Die Gesundheits-App Kelaa der Soma Analytics überwacht anhand verschiedener Parameter wie etwa der Aufgeregtheit der Stimme beim Telefonieren den Gesundheits- und Vitalzustand von Beschäftigten.

PR & Marketing
Mit dem Werbebegriff „Smart City“ versuchen Technikfirmen, Kommunalpolitikern die „Safe City“ zu verkaufen, eine laut Jury mit Sensoren „überwachte, ferngesteuerte und kommerzialisierte Stadt, die ihre Bürger zu datenliefernden Objekten macht“.

Technik
Microsoft Deutschland erhält den Preis für die kaum deaktivierbare Übermittlung von Diagnose-Daten durch sein Betriebssystem Windows 10.

Verwaltung
Die Software Cevisio Quartiersmanagement (QMM) wird in Flüchtlingsunterkünften eingesetzt – etwa um Bewegungen zum und auf dem Gelände, Essensausgabe, medizinische Checks, Verwandtschaftsverhältnisse, Religions- und Volkszugehörigkeit zu erfassen.

Verbraucherschutz
Der intelligente Lautsprecher von Amazon, Echo, mit der Stimme von Alexa, verarbeitet Sprachaufnahmen seiner Nutzer in der Cloud. Die Daten sind dort nach Monaten noch abspielbar, womit Haushaltsmitglieder überwacht werden können. Es ist unklar, wer auf die Daten zugreifen kann.

Politik
Die Fraktionen von CDU und Grünen im Hessischen Landtag erhalten den Preis für das geplante Verfassungsschutzgesetz, mit dem der Verfassungsschutz „verdächtige“ Computer heimlich abhören und Mitarbeitende staatlich geförderter Demokratieprojekte geheimdienstlich überprüfen können soll. Kriminelle V-Leute sollen erstmals von strafrechtlicher Verfolgung freigestellt werden.