Christian Lindner hat vor drei Jahren etwas sehr Staatstragendes getan. Weil die Union nach der Bundestagswahl 2021 nicht regierungsfähig war, hat er sich bereit erklärt, mit der FDP in die lagerübergreifende Ampelkoalition zu gehen. Das Bündnis mit SPD und Grünen war für die FDP, die eine Mitte-Rechts-Partei ist, sehr schwierig. Es ist Lindner hoch anzurechnen, dass er diese Entscheidung dennoch getroffen hat.
Der ständige Oppositionsmodus
Leider hat Lindner nach einigen Wahlniederlagen bei Landtagswahlen die Haltung, die Interessen des Landes vor die der Partei zu stellen, sehr schnell wieder aufgegeben. Er hat in der Regierung in einen immer wiederkehrenden Oppositionsmodus geschaltet. Damit hat er nicht nur das Vertrauen innerhalb der Ampelregierung nachhaltig beschädigt. Er hat auch einen riesigen Beitrag dazu geleistet, dass viele Menschen ein Ende der Ampelregierung geradezu herbeisehnen.
Hochproblematisch ist es dennoch, dass dies ausgerechnet so kurz nach dem Wahlsieg von Donald Trump in den USA passiert ist. Das Land bräuchte gerade jetzt eine stabile Regierung. Deshalb hätte es die Bereitschaft geben müssen, weiter Lösungen zu suchen. Das gilt für Lindner, der in den vergangenen Wochen die Arbeit der Ampel so torpediert hat, dass man den Eindruck haben musste, er arbeite an seinem Abgang. Es gilt aber auch für Kanzler Olaf Scholz, der es auf der Suche nach Kompromissen an Kreativität vermissen lassen hat. Es ist ihm nicht gelungen, einen Geist in der Ampel zu wecken, bei dem alle bereit gewesen wären, das Allgemeinwohl über die eigenen Interessen zu stellen. Das ist sein Versagen als Kanzler.