Bruchsaler Flugtaxi-Pionier Wer rettet Volocopter? Sorge vor Übernahme durch die Chinesen

Bisher kann sich Volocopter lediglich bei Testflügen beweisen – die Zulassung für den kommerziellen Einsatz steht noch aus. Foto: dpa/Bernd Weißbrod

Volocopter droht der Absturz. Da könnte Mercedes-Anteilseigner Geely seine Beteiligung am taumelnden Flugtaxi-Pionier dazu nutzen, die Zukunftstechnologie aus Bruchsal an sich zu ziehen. Trägt die Landesregierung eine Mitschuld?

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Wer sichert den Elektrohelikopter-Hersteller Volocopter finanziell ab, damit das Badener Unternehmen eine Chance erhält, mit seinen Flugtaxis auf den Markt zu kommen? Baden-Württemberg und Bayern haben abgewunken. Derzeit laufen Gespräche mit Privatinvestoren. Schlagen sie fehl, droht Volocopter die Insolvenz oder zumindest die Abwanderung – zum Leidwesen von etwa 700 Beschäftigten in Bruchsal.

 

„Ich mache mir Sorgen, dass es nach China geht“, sagt Erik Schweickert, Mittelstandssprecher der FDP-Landtagsfraktion unserer Zeitung. Volocopter dürfe kein chinesisches Unternehmen werden. Der Blick gilt der Anteilseignerstruktur. Denn seit 2019 ist der chinesische Automobilhersteller Geely – auch größter Einzelaktionär von Mercedes-Benz – an Volocopter beteiligt. Nach Aussagen von 2021 wollten die Chinesen in diesem Jahr mit ihrer Luftfahrtsparte ein fliegendes Auto auf den eigenen Markt bringen. Befürchtet wird nun, dass Geely einen wahrscheinlichen Wertverlust von Volocopter nutzt und das einst mit 1,5 Milliarden Euro bewertete Start-up zu einem Bruchteil der Summe mehrheitlich übernimmt.

„Für Baden-Württemberg ist es eine Klatsche, wenn die Regierung so ein Unternehmen nicht halten kann“, sagt Schweickert. Immerhin habe die Regierung eigens eine Taskforce unter Leitung von Staatsminister Florian Stegmann gegründet. „Man hat Volocopter relativ lang in dem Glauben gelassen, dass man dahinter steht und bereit ist, das Risiko zu gehen.“ Es sei nachvollziehbar, dass sich Volocopter „im Stich gelassen fühlt“, nachdem die Regierung klar gemacht hat, sich nicht an einer Bürgschaft zu beteiligen. Stimmt nicht, heißt es aus dem Finanzministerium – vorher schon habe das Land keine falschen Versprechungen gemacht.

Der Verkehrsminister steht zu seiner Förderbereitschaft

Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) plant eine Kreditbürgschaft von 100 Millionen Euro, aufgeteilt auf zwei Partner, und steht trotz der Absagen aus den Südländern zu seiner Förderbereitschaft: „Der Bund ist weiter bereit, das Unternehmen über einen staatlich verbürgten Kredit zu unterstützen“, sagt ein Sprecher. „Für uns ist entscheidend, dass auch ein Land als Partner dabei ist – nicht nur, um das Risiko gleichmäßig zu verteilen, sondern auch als Zeichen einer breiten politischen Unterstützung.“

Gutachten wird zum Zankapfel

Vonseiten der Skeptiker wird vielfach auf ein Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PWC) im Auftrag des Bundes verwiesen, die 2023 von einem „Hochrisiko-Investment“ gewarnt haben soll. Die von Medien kolportierte Aussage, PwC habe in dem Gutachten von einer staatlichen Unterstützung abgeraten und davor gewarnt, „trifft nicht zu“, betont der Wissing-Sprecher. Richtig sei, dass PwC in der Risikobewertung unter anderem zu dem Schluss komme, dass Volocopter realistische Chancen habe, mit seinen Produkten an den Perspektiven der Advanced Air Mobility (fortschrittliches Luftfahrtkonzept) mit ihrem innovativen Charakter teilzuhaben.

Auch Schweickert zufolge sind daraus die falschen Schlüsse gezogen worden. Es sei nicht verwunderlich, dass ein Wirtschaftsprüfer bei der Bewertung einer neuartigen Technologie die Risiken erwähne – dies sei ja auch seine Aufgabe, springt er seinem Parteifreund, dem Verkehrsminister, bei.

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