Ein neues Buch rekonstruiert das Leben der Künstlergattin Walburga Josephine Kornbeck. Sie scheint ihrem Mann zuliebe auf ihre eigene individuelle Entfaltung verzichtet zu haben.

Nürtingen - „Finchen, hol’ mir schnell die Leinwand!“ Schon im Buchtitel steckt der Kern dessen, was den Recherchen der Autorin Anne Schaude zufolge charakteristisch war für die Beziehung zwischen Julius und Walburga Josephine Kornbeck. Die Frau des Nürtinger Malers hielt ihrem Mann den Rücken frei, damit er sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis zu seinem Tod im Jahr 1920 voll auf seine Karriere konzentrieren konnte.

 

„Als Kornbecks Ehefrau scheint sie auf ihre eigene individuelle Entfaltung verzichtet zu haben und diente wohl ausschließlich seinem künstlerischen Lebenswerk. Sie stand unverrückbar im Schatten ihres Mannes“, schreibt Anne Schaude in der mit 16 Seiten recht überschaubaren Publikation, bei der es sich um eine überarbeitete Fassung des Textes handelt, den Schaude unter anderen Beiträgen schon in dem 2005 erschienenen Band „Ohne Kunst hätte ich nicht leben können“ veröffentlicht hatte.

Erst nach Julius’ Tod setzte Josephine eigene Zeichen

Anne Schaude holt Walburga Josephine Kornbeck, geborene Mittler, ein Stück weit aus diesem Schatten. Der doppelt so alte Kornbeck hatte seine spätere Frau in deren Heimat, dem heutigen Landkreis Ahrweiler, kennengelernt, als diese gerade einmal 16 Jahre alt war. Die Rheinländerin wurde mit dem gebürtigen Winnender verheiratet und landete schließlich im „Hinteren Schloss“ in Nürtingen-Oberensingen, dem einstigen Witwensitz württembergischer Herzoginnen. Die junge Frau kümmerte sich um den Haushalt, um Gäste sowie um den Garten, wobei der Naturliebhaber Kornbeck laut Anne Schaude „keinen Eingriff bei Unkraut“ duldete.

Das Paar habe ein abgeschiedenes Leben geführt. Als bescheiden und zurückhaltend wird Walburga Josephine Kornbeck beschrieben. Erst nach Julius’ Tod setzte sie eigene Zeichen, etwa indem sie Schulklassen die Werke des Landschaftsmalers erklärte. Die Witwe gründete die wohltätige Kornbeck-Stiftung, die allerdings schon nach drei Jahren durch die galoppierende Inflation im Jahr 1923 erlosch. Zwei Jahre zuvor hatte sie der Bevölkerung von Oberensingen den Kornbeck-Brunnen geschenkt. Weiter kümmerte sie sich um den Nachlass ihres Mannes. „Möglicherweise ist es Josephine zu verdanken, dass heute seine Bilder in Museen, Galerien und bei Liebhabern zu finden sind“, schreibt Anne Schaude. Werke des Malers sind unter anderem im Kornbeckzimmer im Alten Rathaus von Oberensingen ausgestellt.