Charlotte Roche, Alice Schwarzer und Doris Dörrie gehörten zu den Highlights am zweiten Tag der Buchmesse. Roche sagte, ihr Körper sei ihr Tempel.

Frankfurt/Main - Kämpferische Frauen und singende Männer hatten am Donnerstag auf der Frankfurter Buchmesse den größten Zulauf. Charlotte Roche stöckelte mit High Heels von Termin zu Termin, Alice Schwarzer absolvierte ihr Programm mit Turnschuhen. Mit Tanz und Gesang stellte sich Neuseeland als Ehrengast der weltgrößten Bücherschau 2012 vor. Der britische Film-Beau Rupert Everett stellte seinen geplanten Film über Oscar Wilde vor.

 

Roche, Autorin des Bestsellers „Schoßgebete“, war in schwarzen Pumps, Blazer und einer Art Reitergürtel erschienen („der hält mich etwas im Zaum“). Sie tänzelte zur Messemusik und war in jeder Hinsicht zu Späßchen aufgelegt. Über ihr drittes Buch, an dem die 33-Jährige gerade schreibt, verriet Roche: „Es geht um Frauen, Fett, Cellulite und dieses ganze schreckliche Zeugs“. Vom überwiegend weiblichen Publikum wurden ihre Ansichten begeistert mit Applaus quittiert. „Unser Körper ist doch unser Tempel.“

Briefe von Männern

Alice Schwarzer flirtete mit ARD-Moderator Dieter Moor. Als Vorkämpferin der Frauenbewegung habe sie nicht nur Frauen geholfen. „Ich glaube, ich habe auch Euch Männern gut getan“, sagte sie. Sie habe viele Briefe von Männern bekommen. „Die meisten waren erleichtert, dass sie nicht mehr Tarzan spielen müssen.“

Doris Dörrie hält Glück für überschätzt. „Wir leben in einer ständigen Glücksversprechung“, sagte die schreibende Filmemacherin bei 3sat. Glücklich zu sein sei unser höchstes Ziel, dem wir alles andere unterordneten. „Wir sind so auf das Glück fixiert, dass wir nicht mehr links und rechts schauen.“ Dabei könne es sehr hilfreich sein, zu schauen, ob es nicht etwas gebe, „was einfach nur reicht“.

Einseitig dargestellt

Rupert Everett ist bei seinem Filmprojekt über den Schriftsteller Oscar Wilde Autor und Regisseur. Der 52-Jährige spielt auch noch die Hauptrolle in der knapp zehn Millionen Euro teuren europäischen Gemeinschaftsproduktion. Wilde sei häufig verherrlicht und einseitig dargestellt worden, sagte Everett in Frankfurt. Er dagegen wolle den Schriftsteller zeigen, wie er wirklich war - mit all seinen Facetten und Fehlern. „Er war ein schwacher Mann, ein furchtbarer Ehemann, er war verrückt und er hatte eine faszinierende Art, die Dinge zu sehen“, sagte der Brite, der sich wie sein Filmheld zu seiner Homosexualität bekennt.

Bei der Vorstellung der Gastland-Präsentation Neuseelands sangen nicht nur die mit angereisten Maori-Musiker, sondern auch Schriftsteller und Politiker. Projektleiterin Tanea Heke versprach „ein wahres Fest für den Geist und die Sinne“. Das Land wolle nicht nur seine Literatur präsentieren, sondern auch Tanz und Musik, Weine und Nahrungsmittel.

"Zweckoptimist"

Die Schriftstellervereinigung PEN bewertet die demokratische Öffnung in den arabischen Staaten zurückhaltend. „Nicht in allen Staaten kann der glückliche Ausgang der Rebellion gegen die Potentaten als gesichert gelten“, erklärte Vizepräsident Dirk Sager auf der Buchmesse. Autor Ilija Trojanow beklagte eine „zynische Distanz“ gegenüber den großen Umweltproblemen der Welt. Bei vielen aufgeschlossenen Menschen gebe es „Elemente der Frustration“. Sich selbst bezeichnete der Schriftsteller aber als „Zweckoptimist“.

Pessimistisch über die Zukunft des Buches gab sich US-Blogger Gabe Zichermann. „Sie sind langweilig, weil sich ihre Erzählweise zu langsam bewegt.“ Zichermann ist Vordenker einer kreativen Richtung, die „die Logik und Mechanik von Computerspielen“ in anderen Publikationen einsetzt. „Warum kümmern wir uns darum, ob das Buch in seiner jetzigen Form erhalten bleibt?“ fragt er bei einer Konferenz.