Der Umgang mit der Neuen Rechten hat die Frankfurter Messe von Beginn an beschäftigt. Beim Besuch des AfD-Rechtsaußen Björn Höcke kommt es am Samstag zu Konfrontationen und einem großen Polizeieinsatz.

Frankfurt/Main - Pöbeleien, Rangeleien und ratlose Organisatoren: Im Chaos versinkende Lesungen eines Verlags der Neuen Rechten unter anderem mit AfD-Rechtsaußen Björn Höcke haben am Wochenende das Ende der Frankfurter Buchmesse überschattet. Die Veranstaltungen wurden am Samstagabend abgebrochen.

 

Die Buchmesse, die sich eigentlich als Forum für den freien Austausch von Ideen sieht, lieferte damit einen weiteren Hinweis auf die wachsende Polarisierung der Gesellschaft.

Insgesamt kamen zur weltweit größten Bücherschau mit rund 1000 Autoren und rund 4000 Veranstaltungen etwa 280 000 Besucher. Am Wochenende gab es ein Plus von 2,5 Prozent beim Lesepublikum, wie eine Sprecherin berichtete. Bei den Fachbesuchern wurde in den ersten drei Tagen ein leichter Rückgang von 0,2 Prozent verzeichnet. Ehrengast war dieses Jahr Frankreich und der französische Sprachraum.

Protest gegen Höcke

Am Samstag hatten sich linke Demonstranten mit lautstarken Protesten den Teilnehmern einer Buchpräsentation des Antaios-Verlags - unter ihnen auch Höcke - entgegengestellt. Während die einen „Nazis raus“ skandierten, schrien die anderen „Jeder hasst die Antifa“. Ein großes Polizeiaufgebot hatte in Halle 4.2 die größte Mühe, beide Seiten voneinander zu trennen.

Bis zu 400 Menschen beider Lager waren laut Polizeibericht vom Sonntag an der Konfrontation beteiligt. Mehrere Personen seien vorübergehend festgenommen worden.

Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels als Veranstalter der Messe erklärte am Sonntag, die Buchmesse sei ein Ort des freien Dialogs und man werde Gewalt als Mittel der Auseinandersetzung nicht zulassen. Die Organisatoren hatten zum Auftakt die Zulassung der Verlage der Neuen Rechten mit der Meinungsfreiheit begründet. Zugleich wurde zu einer „aktiven Auseinandersetzung“ aufgerufen.

Der Eskalation am Samstag waren bereits Auseinandersetzungen in den Tagen zuvor vorausgegangen. Die Stände rechtsgerichteter Verlage waren Ziel von Attacken politischer Gegner.

In der Nacht zum Freitag wurde ein Gemeinschaftsstand der Zeitschrift „Tumult“ und des Verlags Manuscriptum von Unbekannten leergeräumt. Verlage der Neuen Rechten warfen den Buchmesse-Organisatoren vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels vor, ihre Stände nicht genügend vor linken Aktivisten geschützt zu haben.

Klare Linie gegen die Neue Rechte

Umgekehrt hielten antirassistische Verlage wie die Frankfurter Bildungsstätte Anne Frank und die Amadeu-Antonio-Stiftung der Messe vor, keine klare Linie gegen die Neue Rechte verfolgt zu haben. Die Messe hatte diese Stände in der Nähe von Antaios postiert. Man könne gegen die Neue Rechte nicht die Stellung „für die gesamte Mehrheitgesellschaft“ halten, hieß es in einer Erklärung am Sonntag. Man sei ohne vorheriges Wissen dort platziert worden, hieß es weiter.

Am Freitag war es am Stand der rechtsgerichteten Wochenzeitung „Junge Freiheit“ bei einer Lesung sogar zu einer gewalttätigen Auseinandersetzung gekommen. Der Verleger des linken Trikont-Musikverlags wurde mit der Faust an der Lippe verletzt. Trikont-Chef Achim Bergmann hatte demnach zuvor im Vorbeigehen die Lesung mit einem Kommentar begleitet. Der Verleger ließ sich im Krankenhaus behandeln und erstattete Strafanzeige.

Am Samstagabend hatte Antaios unter seinem Verleger Götz Kubitschek zusammen mit Höcke das Buch „Mit Linken leben“ vorgestellt. Später wurde eine weitere Lesung von zwei Autoren der rechtsextremen Identitären Bewegung wegen lautstarker Proteste abgebrochen.

Kritik an Verantwortlichen

Antaios twitterte später: „Zugegeben, wir hätten für die Vorstellung von „Mit Linken leben“ wohl besser eine eigene Halle buchen sollen. Nächstes Mal wissen wir Bescheid.“

Jutta Ditfurth, die im Frankfurter Stadtparlament sitzt („ÖkoLinx-Antirassistische Liste“), kritisierte die Verantwortlichen der Buchmesse: „Wer Nazis einlädt, hat Nazis auf der Messe - und, oh Wunder, die verhalten sich dann wie Nazis.“ Und weiter schrieb die linke Publizistin: „Dialogversuche und Einladungen an Nazis illustrieren die Gleichgültigkeit, wenn nicht die Verachtung, die man ihren Opfern in Vergangenheit und Gegenwart entgegenbringt.“