Bodo Staudacher schreibt in seinem Buch von den sorglosen Jahren in seinem Leben und der belastenden Zeit nach der Krebsdiagnose.

Als Glückspilz sieht sich der Autor Bodo Staudacher in seiner romanhaften Biografie „Sonnenkind und Schattenkrieger“, ein Mensch, bei dem die Bausteine des Lebens immer auf die Sonnenseite gefallen sind: „Bisher fuhr ich in der Achterbahn immer ziemlich weit oben. Herunterschauend. Bis auf ein paar kleine Senken.“ Doch dann der Schock. Zu Beginn der Coronapandemie im Frühjahr 2020 erhält der Mittdreißiger die Diagnose Lymphdrüsenkrebs im fortgeschrittenen Stadium: „Bäm. Voll in die Fresse.“ Und damit beginnt der Pas de deux von Sonnenkind und Schattenkrieger.

 

Facettenreiches, privilegiertes Leben

Das Buch ist zu lesen, wie in ein Gespräch mit dem Autor einzutauchen. Bodo Staudacher erzählt locker aus seinem Leben, einem bunten, facettenreichen und privilegierten Leben bis – ja, bis zur Krebsdiagnose inmitten der Coronapandemie: „Krebs und Corona … ich fühlte mich … doppelt wie im falschen Film.“

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Von den glücklichen Zeiten vor der Krebsdiagnose erzählt der in Leonberg lebende Diplom-Ingenieur in seinem Buch ausführlich. Etliche Reisen durch die ganze Welt, Praktika in Südafrika und Brasilien, drei Jahre arbeiten und leben in Singapur haben den Autor stark geprägt. Bungee-Jumping in Südafrika, Sonnenuntergang auf dem Zuckerhut in Rio oder mit weißen Haien tauchen – Bodo Staudacher lässt den Leser vieles miterleben. Vor allem der Schmelztiegel Singapur mit seinem geschäftigen Treiben, dem steten Wachstum und den Gegensätzen zwischen Moderne und Tradition hat es ihm angetan. Es war eine intensiv erlebte Zeit, in der er sich beim Erzählen immer wieder verliert, die Schattenseiten der Löwenstadt spielen keine Rolle.

Erzählerischer Wechsel

Das Buch ist geprägt vom erzählerischen Wechsel zwischen diesen im Rückblick so sorglosen Jahren und der belastenden Zeit mit der Krankheit. Hier dem Faden zu folgen, ist nicht immer einfach. Kaum taucht der Leser in das umtriebige Leben des Autors ein, wird er wieder in die Auseinandersetzung mit Krebs und Corona, den „zwei großen Ungeheuer(n)“ in Staudachers Leben, zurückgeworfen. Eines macht diesem besonders zu schaffen: „Social Distancing, das Vermeiden von körperlicher Nähe, ist zum obersten Gebot für alle Menschen geworden.“

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Trotzdem verliert er nicht den Sinn für Humor und schildert genüsslich manch bizarre Situation. Wie die, als er und seine Frau Molly während der Chemotherapie nicht mehr gewagt haben, den Supermarkt zu betreten, die Infektionsgefahr schien beiden zu hoch. Also trafen sie sich auf einem Parkplatz mit den Eltern zur Übergabe der Einkäufe: „Es hatte irgendwie was von einem Tarantinofilm oder so … Es hatte sich angefühlt, als hätte man gerade fünf Tonnen Koks auf einem staubigen Parkplatz übergeben.“

Wie in einem Tarantinofilm

Natürlich beschäftigt sich der Autor auch mit der Frage, was wäre, wenn er die Krankheit nicht besiegen würde. Wieder erinnert er sich an die einzigartigen Begebenheiten in seinem Leben und kommt zu dem Schluss: „Ich habe so viel Glück gehabt. … Wenn ich nun gehen müsste, wäre es okay.“ Diese Erkenntnis hilft ihm, sich mit dem Krebs zu arrangieren, der Krankheit die Hand zu reichen und sie anzunehmen. Zudem aber hat er diese tief sitzende Überzeugung, dass alles gut ausgehen wird. Dabei hilft ihm, trotz ausfallender Haare und permanentem Unwohlsein, seine Grundüberzeugung: „Ich denke, … dass der beste Begleiter jeglicher schlechten Situation der Humor ist. … Er kann sicher keinen Krebs heilen, aber kann für schöne Augenblicke sorgen.“

Bodo Staudachers Buch ist in formloser Erzählweise geschrieben. Wer den ungekünstelten Schreibstil schätzt, klappt das Buch nach der letzten Seite mit einem guten Gefühl zu und nimmt die positive Lebenseinstellung, die sich der Autor erhalten hat, mit. Mut zu machen, ist die eine Intention des Autors. Die andere ist persönlich: „Im Endeffekt möchte ich eigentlich nur für mich selbst ein bisschen dokumentieren, was so alles in den letzten Jahren geschah ... Wenn ich dann im Jahr 2070 ein alter Mann bin, werde ich mir das Buch aus der hintersten Ecke meines Regals ziehen und alles noch mal in Ruhe durchlesen. Das wird großartig.“

Info: Bodo Staudacher, Sonnenkind und Schattenkrieger, Kellner Verlag, ‎ ISBN 978-3956512971, 14,90 Euro