John Irving krönt sein Schaffen mit einer monumentalen Fahrt im „Letzten Sessellift“. Sie führt durch ein winterlich verschneites Literaturmassiv, queere Lebenswelten und amerikanische Zeitgeschichte. Wer einsteigt, braucht Mut und einen langen Atem.

Kultur: Stefan Kister (kir)

Dieser Roman lässt sich nicht nur deshalb als Schlussstein verstehen, weil sein Autor bereits das Alter von 81 Jahren erreicht hat, sondern weil er mit seinen 1100 Seiten schwer wie ein Ziegel in der Hand liegt. Von Menschen mit Nahtoderfahrungen wird berichtet, dass das ganze Leben an ihnen wie ein Film vorbei zieht. Nun ist die faszinierte Benommenheit, in die das neue – man ist versucht zu sagen: ultimative – Trumm des amerikanisch-kanadischen Autors John Irving versetzt, nicht mit einer Nahtoderfahrung zu vergleichen, auch wenn der Titel „Der letzte Sessellift“ auf Ende und Abschied deutet. Und doch begreift der Erzähler dieses Romans, ein gewisser Adam Brewster, sein Leben gleich zu Beginn als Film. Später wird er entscheidende Schlüsselpassagen seiner Biografie in Form eines über hundert Seiten langen Drehbuchs vor dem inneren Auge der Leser ablaufen lassen.