Judith Hermann beherrscht die Kunst, aus Restbeständen des Lebens etwas Neues zu formen. Ihr für den Leipziger Buchpreis nominierter Roman „Daheim“ ist ein Meisterwerk.

Kultur: Stefan Kister (kir)

Stuttgart - Eine junge Frau wird von einem abgehalfterten Zauberer angeworben, für ihn in die Kiste zu steigen und sich zersägen zu lassen – der alte Trick, jeder kennt ihn. Hätte sie sich darauf eingelassen, vielleicht hätte ihr ein abenteuerliches Leben geblüht. Doch im letzten Moment hat sie sich anders entschieden. Das war vor dreißig Jahren. Ungefähr zu einer Zeit also, als eine junge Autorin namens Judith Hermann in gefeierten Erzählbänden wie „Sommerhaus, später“ und „Nichts als Gespenster“ zu einer Art Geisterseherin ihrer Generation wurde, deren Figuren in kettenrauchender Trance dabei zusahen, wie aus dem Augenblick heraus bedeutsame Formationen entstehen, um kurz darauf spurlos wie Rauch wieder zu verfliegen.