Norbert Gstrein hat einen raffinierten Diskurs-Roman geschrieben, der Zeitfragen mit subtilem Witz und Eleganz verhandelt.

Sich dem Leben entziehen, indem man Stellvertreterbiografien entwirft: Das werfen Norbert Gstreins Romanfiguren mehr oder weniger implizit, aber mit großem Vergnügen den Angehörigen der schreibenden Zunft vor. Da wäre zum Beispiel die „Schriftstellerikone“ Hirschfelder in Gstreins Roman „Die englischen Jahre“, einer im Zweiten Weltkrieg angesiedelten Saga über falsche Identitäten. In „Selbstportrait mit einer Toten“ ereifert sich ein Autorenkollege mit amüsantem Furor fünf Tage lang über erlittene Kränkungen beim „Mitteleuropäischen Literaturwettbewerb“ in Wien. In „Die kommenden Jahre“ nimmt ein Glaziologe eine Auszeit von seiner Frau, Literatin und „blondes Monster der Moral“. Prompt wird er in Kanada mit einem österreichischen Romancier verwechselt, was tragikomische Folgen hat.