Otto Kugels Leidenschaft gehört den Feuerwehrautos. Doch in seinem jetzt vorgestellten Buch „Die Bekannten und Unbekannten aus dem Automobilbau“ wagt er den Blick über den Tellerrand hinaus.

Kirchheim - Der 77-jährige ehemalige Berufsschullehrer Norbert Kugel nutzte für seine Buchrecherchen unter anderem einen Kuraufenthalt und spannte den historischen Bogen vom auslaufenden Dampfzeitalter über die ersten Verbrennungsmotoren um die Mitte des 19. Jahrhunderts bis hin zu den 1960er Jahren. Dabei hatte Kugel stets auch die Entwicklungen im Südwesten im Auge. Fraglos war dies eine Zeit, die noch nicht von staugeplagter Massenmotorisierung und Klimawandel, Dieselabgasskandal und Feinstaubbedrohung geprägt war. An Problemen hat es trotzdem nicht gemangelt: Die politischen Verwerfungen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und die beiden Weltkriege haben auch dem Automobilbau ihren massiven Stempel aufgedrückt.

 

Der Autor kommt in seinem reich illustrierten 170-Seiten-Opus mit dem Titel „Die Bekannten und Unbekannten aus dem Automobilbau“ natürlich um die namhaften Erfinder wie Jean Joseph Étienne Lenoir, Nikolaus August Otto, Carl Benz, Gottlieb Daimler, Wilhelm Maybach, Rudolf Diesel und Robert Bosch nicht herum, aber es kommen auch die kleinen, humorvollen Begebenheiten der automobilen Pionierzeit zu Wort. So ist ein Schwarzwälder namens Gütermann in seiner Benz-Motorkutsche „Victoria“ anno 1895 mit 25 km/h so rasant an einem Wirtshaus vorbeigedonnert, dass nach Zeugenaussagen „die Vorhänge geflattert haben“. Der Anzeige folgte ein Strafzettel des Großherzoglichen Badischen Bezirksamtes zu Waldkirch – und der belief sich auf drei Reichsmark.

Spritzenwesen nimmt breiten Raum ein

Norbert Kugel, man weiß es unter der Teck, ist ein intimer Kenner des Brandschutzes und der entsprechenden Technik. So zählte er zu den treibenden Kräften bei der Gründung des Vereins der Freunde und Förderer der historischen Feuerwehrtechnik innerhalb der Kirchheimer Wehr und ist heute dessen Ehrenvorsitzender. Auch bei der nicht immer leichten Verwirklichung des Feuerwehrmuseums in der Teckstadt hat sich der Jesinger bleibende Verdienste erworben. Kein Wunder also, dass in dem Buch der Entwicklung des Spritzenwesens ein breiter Raum gebührt, dargestellt am Beispiel der Ulmer Firma Magirus und deren langjährigem Oberingenieur, Heinrich Buschmann.

Aus Kirchheimer Sicht wiederum ist das von Kugel dokumentierte Rennen um das Volksauto, den späteren „Käfer“, in den Zwanziger- und Dreißiger Jahren von Interesse. Zu den sechs „Vätern“ des Wagens rechnet der Autor auch den aus Nordböhmen stammenden Konstrukteur und Technikfreak Willibald Gatter. Unter dem Motto „Ein Auto zum Motorradpreis“ hatte der zwischen 1930 und 1936 cirka 1600 Kleinwagen produziert. Wie man weiß, kam aber Gatters Landsmann Ferdinand Porsche zum Zug – freilich erst, nachdem er eingedeutscht war. Gatter selbst versuchte nach dem Krieg mit dem „Gatter Mini“ sein unternehmerisches Glück in der Teckstadt – der große Erfolg blieb freilich aus.

Buch im örtlichen Handel erhältlich

Zur Vorstellung des Erstlingswerks im großen Kreis seiner Vereinskollegen begrüßte der Autor im Feuerwehrmuseum auch Kirchheims Bürgermeister Günter Riemer sowie Wulf Gatter, den bekannten Vogelexperten und Sohn des Autokonstrukteurs. Sein literarisches Neuland brachte Kugel auf diesen Nenner: „Es war die Umstellung von der Schrauberei zur Schreiberei!“