Die Esslinger Stadtverwaltung sieht in der Sanierung des denkmalgeschützten bisherigen Standorts zu viele Risiken und plädiert für eine zeitgemäße Bibliothek in modernen Räumen .

Entscheider/Institutionen : Kai Holoch (hol)

Esslingen - Das Diskussion in Esslingen wird hoch emotional geführt. Einig sind sich immerhin alle Verantwortlichen darüber, dass der aktuelle Zustand der überaus beliebten Stadtbücherei, die im historischen Bebenhäuser Pfleghof in der Heugasse untergebracht ist, beklagenswert ist – und dass etwas geschehen muss. Was allerdings gemacht werden soll – darüber gehen die Meinungen weit auseinander.

 

Während viele Nutzer den Charme des historischen Gemäuers schätzen – und sich deshalb für eine Sanierung und Erweiterung der Bücherei am bisherigen Standort eingesetzt haben, gibt es ebenso starke Kräfte in der Stadt, die sich für einen Neubau an der Fußgängerzone Küferstraße ausgesprochen haben. Die Grundsatzentscheidung wird zwar wohl erst kurz vor der Sommerpause fallen. Aber jetzt scheint das Pendel eindeutig in Richtung Neubau zu schwingen.

Die Argumente sprechen für den Neubau

„Nach der genaueren Untersuchung kommen wir zu dem eindeutigen Ergebnis, dass ein Neubau in der Küferstraße die bessere Variante für eine Bücherei der Zukunft in Esslingen darstellt“, erklärte der Oberbürgermeister Jürgen Zieger am Montag im Gemeinderat. Dort hat die Verwaltung ein umfangreiches Gutachten vorgelegt, in dem sie alle Argumente für und gegen beide Standorte mit Zahlen untermauert.

Das Papier nennt viele Gründe für ein neues Haus. Eine Bücherei sei heute weit mehr als ein Ort, an dem die Bürger Medien ausleihen. Vielmehr hätten sich Bibliotheken zu „Dritten Orten“ entwickelt, also zu Begegnungsstätten und Treffpunkten jenseits des eigenen Zuhauses und des Arbeitsplatzes. Ziel der neuen Bücherei müsse es sein, so steht es in der Vorlage, ein „echter Dritter Ort in Esslingen zu werden, in dem die Stadtgesellschaft zusammenkommt und der das Leben der Menschen positiv verändert“. Dazu sei eine räumliche Neukonzeptionierung notwendig.

Aktuell hat die Bücherei eine Nutzungsfläche von 2100 Quadratmetern. Für eine zukunftsfähige Bücherei hat die Kulturverwaltung ein Konzept erarbeitet, dass eine Nutzungsfläche von idealerweise 4000 Quadratmetern benötigt. Notfalls lasse sich eine solche Bücherei aber auch auf 3600 Quadratmetern unter Verzicht auf Beratungsräume und New-Media-Plätze verwirklichen. Allerdings müssten dann auch Räume für offene Treffen für Familien, Flüchtlings-, Sprach- und Selbsthilfegruppen wegfallen. Werde die Bücherei kleiner als 3600 Quadratmeter, sei es nicht möglich, dort ein zukunftsfähiges Büchereiprogramm anzubieten.

Eine Interimslösung ist nicht in Sicht

Zwar lasse sich durch die Mitnutzung des Nachbargebäudes und verschiedene Um- und Neubauten in der Heugasse theoretisch eine Fläche von knapp 3800 Quadratmetern schaffen. Allerdings seien dabei 570 Quadratmeter Risikoflächen berücksichtigt, die sich möglicherweise aufgrund von Einwänden des Denkmalschutzes oder der Statik nicht realisieren ließen. Zudem müsse im Fall der voraussichtlich dreijährigen Sanierung für die Bücherei eine Interimslösung gefunden werden. Die sei nicht in Sicht. Zudem würde die zeitweilige Schließung die Nutzerbindung an die Stadtbücherei schmälern.

Im Neubau an der Küferstraße ließen sich 3700 Quadratmeter in jedem Fall – und darüber hinaus passgenauer – verwirklichen. Weitere 325 Quadratmeter schätzt die Verwaltung als Risikofläche ein. Wenn es keine Einsprüche gebe, könne man in einem Neubau also sogar die optimale Größe umsetzen. Zudem habe ein neues Haus eine hohe Anziehungskraft. Die neue Stadtbücherei in Heidenheim, die sich eine Gemeinderatsdelegation vor wenigen Wochen angeschaut hat, hat in den ersten drei Monaten mehr Besucher gezählt als die alte im gesamten Vorjahr.

Bleiben noch die Kosten und die Bauzeit. Auch hier schneidet der Neubau besser ab als die Sanierung: Bei einer Bibliothek mit 3600 Quadratmetern Nutzfläche rechnet die Verwaltung beim Neubau mit 21,4 Millionen Euro und im Bebenhäuser Pfleghof mit 25,1 Millionen Euro Baukosten. Laufe es optimal, könne ein Neubau im Frühjahr 2024, der Bebenhäuser Pfleghof erst Anfang 2026 eingeweiht werden. Vor der Sommerpause soll der Gemeinderat den Standort-Grundsatzbeschluss fassen.