Der Humorist Winfried Wagner nimmt Abschied von der Bühne. Von Ruhestand kann jedoch bei all seinen Plänen keine Rede sein.

 

Stuttgart - Ob als Schriftsteller, Moderator oder Schauspieler: Der schwäbische Entertainer Winfried Wagner (69) ist für hintergründigen Humor bekannt. Nach mehr als 40 Jahren hat sich der Bäcker Laible aus der TV-Serie „Laible und Frisch“ von der Bühne verabschiedet.

Herr Wagner, bisher folgte bei Ihnen ein Auftritt auf den nächsten. Am 23. Dezember hatten Sie im Renitenz-Theater in Stuttgart Ihre Abschiedsvorstellung. Ist Ihnen nach gut einer Woche ohne schon langweilig?

Überhaupt nicht. Ich hab so viele Ideen und Pläne. Ich kann jetzt endlich das machen, worauf ich Lust habe. Zumindest stellt sich das der kleine Winni so vor.

Die Realität sieht anders aus?

Vor zwei Wochen hab ich einen neuen Auftrag angenommen. Da mein 19. Büchle mit schwäbischen Witzen so fahnenmäßig läuft, schreib ich gerade am 20., das im Februar fertig sein soll. Dazu drehen wir gerade neue „Winni auf der Baustelle“-Spots für das Bahnprojekt Stuttgart–Ulm. Zu sehen sind sie auf Youtube. Eigentlich hab ich gar nicht wirklich aufgehört, es geht grad so weiter.

Auf die Bühne zieht es Sie aber nicht mehr?

Nein, gar nicht. Und wenn, würde mich hoffentlich meine Frau stoppen („Da kannsch Gift drauf nemma“, ruft Sabine Wagner lachend aus dem Hintergrund). Ich höre ja unter anderem auf, damit wir nicht mehr so viele feste Termine haben, sondern mehr Zeit für gemeinsame Unternehmungen, fürs Reisen und für Fahrradtouren zum Beispiel. Und ich will künftig mehr malen.

Als Hobby?

Nicht nur, fürs Frühjahr ist bereits eine Ausstellung geplant. Was mich daran erinnert, dass ich vorher noch was malen sollte. Es sind bisher nur drei Bilder fertig . . .

Was sind Ihre Motive?

Derzeit Polarlichter. Die faszinieren mich seit einer Reise ins Eismeer. Ich arbeite dabei mit schwarzem Veloursamt. Auch Landschaften reizen mich. Ich hab ja früher Preise für meine Werke gewonnen – und hab mir ein Leben als Künstler erträumt, so wie Spitzwegs „Armer Poet“. Aber es kam dann anders.

Sie haben stattdessen eine Lehre als Bankkaufmann gemacht.

Genau. Weil man halt „was Rechts“ lernen musste. Erst mit 40 habe ich angefangen, mein eigentliches Leben zu leben. Ich wurde freier Autor, arbeitete viel fürs Radio und Fernsehen und bin mit meinen Programmen auf Tour gegangen.

Was waren Ihre schönsten Erlebnisse?

Ich hatte natürlich stets wunderbare Begegnungen mit dem Publikum. Wenn zum Beispiel ein 90-Jähriger mit Tränen in den Augen auf einen zukommt und sagt: „Ich hatte heute Abend so eine Freud’ bei Ihnen“, dann geht einem schon das Herz auf. Kürzlich meinte eine Zuschauerin: „Wenn ich dran denke, dass Sie aufhören, könnte ich heulen.“ Das rührt einen. Ich fand es auch toll, dass ich immer eine sehr gute Auftragslage hatte. Das beruhigt nicht nur ungemein, sondern macht einen auch ein bisschen stolz.

Was werden Sie vermissen?

Dass ich die Zuschauer zum Lachen gebracht habe, dass ich sie einen Abend lang vielleicht sogar glücklich gemacht habe, das fand ich erfüllend.

Also verspüren Sie doch Wehmut? Wäre ein Comeback denkbar?

Ein kleines bisschen Wehmut ist natürlich da. Aber auch wenn manche sagen: „Awa, der kommt doch bald wieder zurück, der kann’s nicht lassen“, schließe ich eine Rückkehr auf die Bühne aus. Irgendwann muss man einfach einen Schlussstrich ziehen. Auch weil ich eins ganz sicher nicht vermissen werde: das Lampenfieber. Das hatte ich vor jedem Auftritt. Ganz schlimm, auch nach all den Jahren auf der Bühne ist es nicht besser geworden. Manchmal waren das sogar kleine Panikattacken.

Und trotzdem sind Sie mehr als 40 Jahre auf der Bühne gestanden.

Es war ja meine Leidenschaft.

Riesenerfolge feierten Sie unter anderem mit Ihrer Figur Eugen Emberle. Und in den letzten Jahren als Bäcker Laible in der TV-Serie „Laible und Frisch“, dem Kinofilm „Do goht dr Doig“ sowie den Theaterstücken um die beiden konkurrierenden Bäcker. Im Juli ist Premiere bei den Burgfestspielen in Jagsthausen. Warum haben Sie das nicht noch mitgenommen?

Zugegeben, das war verlockend. Aber ich wäre monatelang gebunden. Mit dem Rollenstudium, den Proben, den Auftritten. So etwas ist kräftezehrend. Und wenn alles so läuft wie geplant, hätte ich parallel noch für den zweiten Kinofilm lernen müssen.

Kinofilm?

Ja, es steht schon alles für den zweiten Teil von „Do goht dr Doig“. Nur mit der Finanzierung hapert es noch. Wir hoffen ganz fest auf eine Zusage des SWR.

An Neujahr läuft im Dritten aber erst mal der erste Teil.

Und alle müssen gucken, wir hoffen auf eine Riesenquote.

Und vielleicht auch auf die Fortsetzung der TV-Serie?

Das wäre natürlich der Traum. Ideen für Geschichten gibt es jedenfalls schon jetzt genug. Ich habe nie verstanden, warum der SWR nach der ersten Staffel nicht weitergemacht hat. „Laible und Frisch“ war und ist ein Publikumsrenner, es ist eine Marke geworden.

Sie stünden für eine Fortsetzung also zur Verfügung?

Ja, sicher. Aber jetzt freue ich mich erst mal darauf, dass ich endlich wieder, wann immer und so oft ich will, schwimmen gehen kann.

Das war bisher nicht möglich?

Nein, ich hatte ja immer den Termindruck im Nacken und musste gesund bleiben. Jetzt ist es egal, ob ich mir mal einen Schnupfen hole. Jetzt muss ich mich nicht mehr sorgen. Jetzt bin ich frei. Ach, isch des schee!

Der Film „Do goht dr Doig“ ist am 1. Januar um 16.45 Uhr im SWR zu sehen.