Der Gutachter Klaus-Peter Dolde steht im Zentrum des Streits über das Bürgerbegehren zum Ausstieg der Stadt aus Stuttgart 21.

Stuttgart - Die Vertrauensleute des neuerlichen Bürgerbegehrens zum Ausstieg der Stadt aus dem Bahnprojekt Stuttgart 21 haben, wie berichtet, Widerspruch gegen die Ablehnung des entsprechenden Antrags durch die Gemeinderatsmehrheit vom Juni dieses Jahres eingelegt. In der jetzt veröffentlichten Begründung des Widerspruchs kritisiert der Anwalt der Vertrauensleute, der frühere Oberverwaltungsrichter Hans-Georg Kluge aus Berlin, die Stadt. Sie hatte den Rechtsanwalt Klaus-Peter Dolde mit einem Gutachten beauftragt, auf das sich der Gemeinderat bei der Ablehnung des Bürgerentscheids stützte.

 

Kluges Hauptargument: Dolde sei bei der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Mischfinanzierung des Projekts als früherer Berater der Landesregierung befangen gewesen und habe diese Frage nicht unabhängig prüfen können, weil er sich sonst möglicherweise Schadenersatzansprüchen des Landes ausgesetzt gesehen hätte. Die Einschaltung Doldes als Sachverständigen bewertet Kluge als schwerwiegenden Verfahrensfehler der Stadt, da der Gemeinderat vor seinem Ablehnungsbeschluss nicht unabhängig informiert worden sei

Höchstrichterliche Entscheidung soll erzwungen werden

Über den Widerspruch gegen die Ablehnung des Bürgerentscheids muss nun das Regierungspräsidium entscheiden. Sollte die Behörde den Einspruch der Stuttgart-21-Gegner verwerfen, steht es den Vertrauensleuten Sigrid Klausmann-Sittler, Axel Wieland und Bernhard Ludwig frei, innerhalb eines Monats beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage einzureichen. Erklärtes Ziel der Projektgegner ist, eine höchstrichterliche Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit der Projektfinanzierung zu erzwingen.

Offen ist, welche Entscheidung die Rechtsanwaltskammer Stuttgart in Sachen des Rechtsgutachters Dolde getroffen hat. Eisenhart von Loeper, Mitglied der Gruppe Juristen zu Stuttgart 21, hatte im März aus den oben genannten Gründen vor der Kammer Beschwerde gegen seinen Berufskollegen eingereicht. Laut von Loeper hat nun Dolde seinerseits Beschwerde gegen den Beschluss der Standesinstitution eingelegt, was darauf schließen lasse, dass er von der Kammer für seine Begutachtung des Bürgerentscheids gerügt worden sei. Weder die Kammer noch die Kanzlei Dolde waren auf Anfrage zu einer Auskunft bereit.